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Weydmann, Ernst (1837-1903)

From Biograph
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Christlicher Bundesbote obituary: 1903 Sep 24 p. 5

Birth date: 1837 Feb 13

text of obituary:

Ernst Weydmann,
geboren 13. February 1837, gestorben 9.
August 1903.

Nach längerem Krankenlager verstarb zu Crefeld am 9. August der Prediger unserer dortigen Gemeinde Ernst Weydmann im Alter von 66 Jahren nach einer gesegneten Tätigkeit von mehr als 37 Jahren, welche von Anfang bis zu Ende seiner Heimatsgemeinde gewidmet war. Sein Hinscheiden bedeutet eine neue Lücke in der Reihe jener Persönlichkeiten, die nicht allein für den engeren Kreis der eigenen Gemeinde, sondern für die ganze Entwicklung unseres deutschen Zweiges in dem letzten Vierteljahrhundert von der größten Bedeutung geworden sind.

In Crefeld geboren, wo sein Vater Leonh. Weydmann seit dem Jahre 1836 als Prediger wirkte, ist unser heimgegangener Bruder auch ein ganzer Crefelder Mennonit gewesen. Es ist ja bekannt, daß gerade die mennonitischen Mitbürger an dem Aufschwung Crefelds wesentlich beteiligt gewesen sind. Der niederrheinische Charakter der Bevölkverung der durch ihre Industrie so hervorragenden Stadt, war in ihm deutlich ausgeprägt. Sichere Beherrschung der feinen Formen, Gewandtheit im Umgange, unermüdlicher Fleiß und Pflichttreue waren ihm von Jugend auf eigen und kennzeichneten ihn bis an das Ende seines Lebens.

Seine theologischen Studien machte Weydmann im Seminar zu Amsterdam. Unseres Wissens ist dies der einzige Fall, wo ein geborener Deutscher bei den holländischen Brüdern seine theologische Ausbildung genossen hat. Im Jahre 1865 berief ihn seine Gemeinde zu ihrem Prediger an die Stelle seines Vaters, dessen letzte Amtshandlung wohl die Ordination des Sohnes gewesen ist. Pünktlich und gewissenhaft hat er seines Amtes gewaltet, Predigt, Unterricht der Jugend und Gemeindeseelsorge war ihm förmlich ein Bedürfnis und lag ihm sehr am Herzen. Ich werde nicht vergessen, wie unser heimgegangener Bruder am Abend vor seinem 25jährigen Jubiläum im November 1891 mir erzählte, daß er die letzten Tage hindurch alle seine Gemeindeglieder, die an der Feier in der Kirche wegen Krankheit nicht teilnehmen könnten, in ihren Häusern aufgesucht habe, um ihre Glückwünsche entgegenzunehmen und seinen Dank ihnen zu bringen. Was er seiner Gemeinde war und welche Stellung er unter den Predigern in Crefeld, überhaupt in seiner Vaterstadt einnahm, wurde an jenem 24. November 1891 recht offenbar. Wir haben seinerzeit in den "Menn. Blättern" darüber berichtet und verweisen an dieser Stelle auf jene Mitteilungen. So erklärt sich denn auch die allgemeine Teilnahme an seinem Leichenbegängnis und die reiche Ehrung, die ihm von allen Seiten erwiesen wurde.

Die für Deutschlands Entwicklung und Einigung so bedeutsamen Jahre 1866 und 1870 fielen in die erste Zeit seiner Amtsführung und halfen gewiß in seiner Seele den Gedanken wecken, einer ähnlichen Sammlung und Einigung seiner Gemeinschaft die Wege zu bahnen. Zu diesem Zwecke finden wir schon 1872 den jungen Prediger in der Pfalz bemüht, Beziehungen zu den dortigen Brüdern anzuknüpfen. Die Zeit war noch nicht gekommen; wir wollen hier nicht untersuchen, woran es lag, daß damals die Geister unverrichteter Sache wieder auseinandergingen, nur vermelden müssen wir, daß 1874 zu Friedelsheim seine Bemühungen um Herstellung einer Einigung völlig scheiterten.

Aber wenn auch vorläufig die Bemühungen um Sammlung und Stärkung der deutschen Mennoniten als aussichtslos eingestellt wurden und nur in der Pfalz selber die sammelnde Arbeit der Konferenzen stetig weiter fortschritt—aufgegeben war doch nicht die stille Hoffnung auf eine bessere Zeit und die Bereitwilligkeit zum Mitarbeiten, wenn es soweit sein würde. Als zehn Jahre später die Anregung zu einem engeren Zusammengehen durch Prof. Cramers Besuchsreisen gegeben wurde, war auch Br. Weydmann wieder auf dem Plan; unter den am 3. Oktober 1884 zu Berlin Versammelten war er mit Herrn Hch. Müller von Crefeld erschienen und trat mit in den Ausschuß ein, dem die Ausarbeitung der Satzungen für die ins Auge gefaßte Vereinigung übertragen wurde.

Am 28. April 1886 kam die Vereinigung zu Stande und Br. Weydmann traf die Wahl zum Mitglied des Kuratoriums wohlverdient. Seine persönlichen Bemühungen um die Organisation, wie auch wieder ihm zu verdankende kräftige Beteiligung seiner Gemeinde haben wesentlich den schönen Erfolg herbeiführen geholfen, daß von vorherein die Vereinigung auf gesicherter materieller Basis anfangen konnte zu arbeiten.

Von 1886-1896 als stellvertretender Vorsitzender, von 1896-1902 als Vorsitzender hat Br. Weydmann lebhaften und tätigen Anteil an allen Arbeiten genommen. Es würde zu weit führen, wollten wir dieselben hier im Zusammenhange den Lesern wiederholen. Erst bei der Neubildung des Vorstandes auf Grund der umgearbeiteten Satzung von 1902 trat ein Wechsel im Vorsitz ein. Aber bis zur letzten Sitzung in diesem Frühjahr hat Br. Weydmann treu seinen Platz eingenommen und seine letzten Arbeiten, die er noch eben vor seiner Erkrankung erledigte, waren die Aufgaben, welche ihm auf jener Sitzung übertragen worden.

Eifrig und gern arbeitete Br. W. an allen diesen Bestrebungen mit. So bewies er auch großes Interesse für Dr. L. Kellers bahnbrechende Arbeiten und war bis an sein Lebensende im Vorstand der Comenius-Gesellschaft. Die Rembertsche Arbeit über die W. T. im Jülicher Land hat ihm viel zu verdanken. Von ihm selbst stammt die neue Bearbeitung des Katechismus, den früher sein Vater herausgegeben hatte. Die Gemeinde zu Berlin verliert in ihm einen eifrigen und treuen Freund und bewährten Ratgeber, den sie schmerzlich vermissen wird. Die Lücke ist groß, die durch diesen Todesfall entstanden.

Ein langes Leidenslager war unserm Bruder noch beschieden, ehe die Stunde des Heimgangs für ihn schlug. Die Liebe und Fürsorge seiner Lieben, mit denen er herzlich und innig verbunden war, konnte ihm nur einige Linderung und Erleichterung schaffen, aber an völlige Wiederherstellung war nicht mehr zu denken. An einem Sonntagnachmittag schloß er die Augen zum letzten Schlaf um die Zeit, wo in seinen gesunden Tagen für ihn der Sonntagsfrieden anzubrechen pflegte. Nach der Predigt war es seine Gewohnheit, an der Singübung des von ihm geschaffenen Kinderchors teilzunehmen; dann zog er sich nach dem Mittagsmahl ein wenig zurück, spielte wohl auch auf dem Klavier, welches er mit Meisterschaft beherrschte, und dann fing für ihn seine Sonntagsruhe im Kreise der Familienglieder an, denen diese Sonntag nachmittage unvergeßlich sind.

Nun ist er zur Ruhe seines Herrn eingegangen, ein Prediger des Evangeliums, der mit Milde und Liebe auch andere Ansichten trug, aber selber voll und ganz das Heil in Christo verkündigte, ein unermüdlicher Arbeiter am Aufbau unserer Gemeinden. Möge sein Andenken allezeit unter uns in Ehren bleiben! (Men. Blätter.)

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