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Richter, Ludwig (1803-1884)

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Christlicher Bundesbote obituary: 1 Jul 1885 p. 5


Birth date: 1803 Sep 28


text of obituary:

Richter ludwig.jpg


Dieser ächt deutsche Maler und Zeichner verdient es wohl, bei allen Kunstliebhabern ehrenvoll in Erinnerung gehalten zu werden. Als Sohn eines Kupferstechers in Dresden geboren und erzogen, lernte er sich frühe an die Malerei gewöhnen, aber großen Gewinn hatte sie dem elterlichen Hause nicht gebracht. Damals hatte die Kunst noch nicht so viele Gönner wie heute, und es pflegt den höheren Dienstleistungen überhaupt wohl so zu gehen in der Welt, daß sie ihren Lohn in dem Bewußtsein der Selbstbefriedigung, nicht aber in materiellen Dingen finden. So hat denn der junge Ludwig keine hohe Schule besuchen können, dafür aber auch die kümmerliche Seite des Lebens in allen ihren Winkeln so gründlich kennen gelernt, daß er uns später Bilder aus dem Leben geben konnte, wie noch keiner vor ihm es ihm gleich gethan hat.

Später konnte er auf kurze Zeit die Dresdener Kunstakademie besuchen, aber er fand hier keine solche Anleitung, wie sein Genie sie suchte. Ohne besondere Schulbildung und ohne große Lehrmeister entwickelte sich sein Kunsttalent in ganz natürlichen Lebensanschauungen und er wurde der sinnige, der naturgemäße, der geniale Maler, als den jetzt alle Welt unsern Ludwig Richter kennt. Er ist aber nicht lange in den bescheidenen Verhältnissen des elterlichen Hauses geblieben. Schon als 17jähriger Jüngling hatte er in hohen Kreisen Anerkennung gefunden und wurden ihm Mittel zu ausgedehnteren Reisen zur Verfügung gestellt. Er konnte Italien, Rußland, Frankreich und andere Länder Europa's besuchen, und später auf längere Zeit in Rom verweilen, woselbst er die größeren Kunstsammlungen aus älterer Zeit kennen lernte. Er selbst schreibt: "In meinem Leben ist es immer also geschehen, daß ohne mein eigenes Zuthun ich nach einer gewissen Richtung geführt wurde, bis plötzlich ganz unerwartet ein Zufall dazwischen trat, der meiner ganzen Entwickelung, ich mochte wollen oder nicht, eine neue Wendung gab. Dieser Zufall ist aber immer später von mir als Gottes unmittelbare gnädige Leitung erkannt worden."

Er hat sich in Dresden lebenslang niedergelassen, woselbst er als Professor und Lehrer an der Akademie der bildenden Künste, an der er selbst einst so wenig für sich gefunden, unzähligen Schülern viel Gutes gethan hat. Sein häusliches Leben hat Gott gesegnet. Mit seiner theueren Hausfrau, der Krone und dem Schmuck seines Hauses, hat er die silberne Hochzeit feiern dürfen; liebe Kinder wurden ihm geboren; aber Leid und Kreuz hat ihm auch nicht gefehlt.

Ludwig Richter ist ein Künstler des deutschen Gemüths und die deutsche Gemüthlichkeit hat kein Maler so treffend aus dem Leben wiederzugeben verstanden, als Richter. Er selbst erzählt: "Was mich am Leben oder beim Leben ansprach, dem erschloß ich mich und nahm es mit dem ganzen inneren Menschen auf, und das Bild, welches in mir lebendig war, mußte ich unmittelbar mit dem Bleistift auf Papier zeichnen, ohne daß ich lange darüber dachte oder große Erörterungen bei mir anstellte."

In späteren Jahren versagten ihm die Augen ihre Dienste und er war Jahre lang des Augenlichtes gänzlich beraubt. Als ihn deswegen ein Freund, der ihn nach seiner Gewohnheit im Garten auf und ab gehen sah, bemitleidete, daß er der so viel Sinn für die Herrlichkeit Gottes in seinen Werken gehabt, nun die Blumenpracht des Gartens nicht mehr bewundern könne, sagte der fromme Künstler lächelnd: "O wenn ich mich so in der edlen Natur ergehe, finde ich stets gar mancherlei lieblich blühende Blumen. Ich überdenke da mein ganzes Leben und pflücke in so viel herrlichen Erfahrungen ein Blümlein ums andere, bis es am Ende ein Strauß wird — lauter Gnadenerweisungen meines Gottes und Heilandes — woran sich mein inneres Auge nicht satt sehen kann." — (Zum Feierabend.)

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