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Richert, Heinrich (1831-1895)

From Biograph
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Christlicher Bundesbote obituary: 31 Oct 1895 p. 8


Birth date: 1831 May 23


text of obituary:


Richert. – Den 16. Oktober zu Neu-Alexanderwohl, Kans., Prediger Heinrich Richert an einem erneuerten Schlaganfall, nach zuletzt noch 4tägigem Leiden im Alter 64 Jahren, 5 Monaten und 3 Tagen, nachdem er 23 Jahre in der alten Heimath als Lehrer und 36 Jahre in der Alexanderwohler Gemeinde dort und in der Neu-Alexanderwohler Gemeinde hier in Amerika als Prediger gewirkt hatte.

Die Leiche und zugleich auch die Leiche von:

Schmidt. – Peter H. Schmidt von Neu-Alexanderwohl, der am 17. Oktober an derselben Krankheit im Alter von 69 Jahren, Monaten und 28 Tagen starb, wurden am 19. auf dem Friedhof der Neu-Alexanderwohl Gemeinde unter großer Theilnahme zur letzten Ruhe gebettet. Leichenreden wurden gehalten von Peter Balzer über Ps. 90, 2 und 1. Cor. 13, 13 von Chr. Krehbiel über Matth. 5, 3 und Ebr. 13, 7 und von David Goerz über Offb. 14, 13.


Bundesbote-Kalender obituary: 1897 p. 28-35

Text of obituary:

Heinrich Richert.

Eine kurze Skizze seines Lebens und Wirkens.

Heinrich Richert, den das beigefügte Bild in seinen vierziger Jahren, sowie er vielen geneigten Kalenderlesern, welche ihn in seinen letzten Tagen nicht mehr gesehen haben, wohl noch lange im Gedächtnisse stehen wird, vorstellt, entstammte einer in den Kreisen seiner Gemeinde in hoher Achtung stehenden Familie, deren Annalen bis nach Holland reichen, von wo die Vorfahren derselben nach Preußen gekommen sind. Nach alten Ueberlieferungen und Akten hat sich hier in Danzig ein gewisser Knels Richert, seines Handwerks ein ehrsamer Schuster, 1632 der mennonitischen Gemeinde angeschlossen und mit ihm beginnt dann der zuverlässige Stammbaum der Familie. Richerts Vorfahren waren gesunde Leute, die alt und wohlbetagt aus dem Leben schieden. Sein Großvater zählte 74 Jahre, als er 1845 als geachteter Hilfsprediger starb. Seine Großmutter wurde 72 Jahre alt. Sein Vater, David Richert, war 1806 geboren und erreichte ebenfalls ein Alter von 72 Jahren. Er hat noch die Pionierjahre der Ansiedlung auf amerikanischem Boden durchgemacht. Richerts Mutter war eine geborne Dürks, die in dem denkwürdigen Jahre 1812 geboren war und 1864 als leidensgeprüfte Christin in die obere Heimat abging. Von 12 Kindern in der Familie war Heinrich der älteste. Er erblickte das Licht der Welt am 23. Mai des Jahres 1831. Sein Geburtsort trägt den langen Namen "Groß-Deutsch-Kunapat". Daß das eine unklassische Mischung von Deutsch und Polnisch ist, wird sich der geneigte Leser wohl sofort denken. Von der Größe und sonstigen Beschaffenheit seines Geburtsdorfes hat Richert aus eigenen Erinnerungen beim besten Willen keinen Aufschluß geben können, daß es in der Kulmer Niederung gelegen, wußte er aus den Erzählungen seines Vaters. Ehe er nämlich

kaum das erste Lebensjahr vollendet hatte, verließen seine Eltern die preußische Heimat, wie ja schon so viele vor ihnen und nun manche mit ihnen und pilgerten ins große Zarenreich hinüber, wo sie in der südlich von dem Flüßchen Molotschna gegründeten Mennonitenkolonie, also in der Mitte ihrer Glaubensgenossen, eine neue Heimat fanden. Sie siedelten sich in dem 1819 angelegten Dorfe Alexanderwohl an, und hier hat Richert seine Kindheit und Jugendzeit verlebt.

Dieselbe verlief nach jeder Seite hin im Rahmen der Dürftigkeit. Aber Richerts Eltern kannten den, der sich auch auf rauhen Lebenswegen seinen Kindern offenbart und für die im elterlichen Hause empfangenen religösen Eindrücke hat er Gott noch in seinen alten Tagen gedankt. Der alte David Richert war eine markige, imponierende Erscheinung, hochgewachsen, von raschem Gang und sehr lebhaftem Geberdenspiel. Schrieber dieses denkt immer an ihn, wenn er sich den alten deutschen Arndt vorstellen will. Die Mutter blieb den Freunden wegen ihrer großen Akkuratesse noch lange in Erinnerung. Es war ein sehr fleißiges Bauernleben, das auf Richerts Hof geführt wurde. Trotzdem wollten die dürftigen Verhältnisse nicht weichen. An ihm ging das Unglück selten vorüber, wie man zu sagen pflegt. Kam Viehseuche, so blieb von seinem Viehstand kaum eine Klaue übrig. Trat Mißwachs ein, so lohnte sich's kaum, daß auf seinen Feldern geschnitten wurde. Machten Kinderkrankheiten die Runde, so sah es bei ihnen wie in einem Hospital aus. In einem Jahre brauste ein orkanähnlicher Wirbelsturm von Norden her den Berg herunter und schien das ganze Dorf vernichten zu wollen. In größter Angst meinte jeder das Schlimmste erwarten zu müssen. Der Sturm riß jedoch von den meisten Häusern nur

eine lost Dachgarbe fort und brach dem einen und andern Baum ein dürres Zweiglein ab, einlud dafür aber seine ganze Wut auf dem Hofe des alten David Richert, indem es seine stark gebaute Scheune vollständig zerstörte. Daß Heinrich als ältester Sohn des Hauses an solchen bitteren Erfahrungen bald innigsten Anteil nahm, liegt ja in der Natur der Sache. Es waren Heimsuchungen Gottes, die auch ihn viel angingen und bei ihm in der Frühe der Jugend den männlichen Lebensernst entwickelten, welcher ihn von mutwilligen Jugendstreichen zurückhielt.

Daß ihm in der damaligen Dorfschule so wenig geboten wurde, hat er später sehr bedauert. Einer seiner Lehrer bediente sich beim Unterricht nur der pattdeutschen Sprache. Der Schulunterricht jener Tage war ja meistens armselig genug, weil es unsern guten Alten teils an Einsicht, teils aber auch an Mitteln fehlte. In jenen Jahren kam es ja vor, daß, als ein Lehrer mit dem Unterricht in der biblischen Geschichte begann, eine gewaltige Aufregung im Dorfe entstand. Man zitierte den "Neuling" vor den Schulzen und schärfte ihm sein "mennonitisches" Gewissen, damit er solche unmennonitischen Neuerungen unterließ. Erst auf obrigkeitliche Vergügung konnte der betreffende Unterrichtszweig eingeführt werden. Die Dorfschule jener Zeit gewährt also ein trauriges Bild, und wenn sich die Zeitgenossen jener Tage an ihre Erinnerungen machen, so klingt es fast, als seien ihnen nur die vielen Schläge, die es gab, im Bewußtsein geblieben.

Richert muß seine klare Auffassungsgabe schon in seinen Knabenjahren bekundet haben. Er pflegte gerne zu erzählen, wie der alte Herr Cornir [sic] auf seinen Inspektionsreisen auch bei seinen Eltern eingekehrt sei und ihm einige Male in betreff seines Wissens auf den Zahn gefühlt, ja, ihm sogar einmal eine kleine gedruckte Geographie geschenkt habe. Das war für einen Schulknaben in jenen Tagen ein wahrhaft "fürstliches Geschenk" und trug wesentlich dazu bei, seinen Trieb zum Lernen weiter zu bilden. Und seine Eltern unterstützten ihn in seiner Neigung. So dürftig es dem alten Richert erging und so ungern er den ältesten Sohn bei den Stallarbeiten entbehrte, so brachte er ihn doch mehrere Winter auf eineige Zeit nach dem Dorfe Lichtfelde, um ihn bei dem dort angestellten tüchtigen Schulmeister den Unterricht genießen zu lassen. Daß manche Nachbarn darüber sehr bedenklich den

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