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Neff, Christian (1863-1946)

From Biograph
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Christlicher Bundesbote obituary: 21 Jan 1947 p. 3-5

Birth date: 1863

text of obituary:

1863 - Christian Neff - 1946


Ein Nachruf.

Von Cornelius Krahn

Am 30. Dezember, 1946, wurde der greise Prediger Christian Neff aus diesem Leben in die obere Heimat abgerufen. Die Zeilen, die wir seinem Gedächtnis widmen möchten, können weder als Lebensverzeichnis noch als vollständige Wertung der Bedeutung dieses Mannes gelten. Sie wollen nicht mehr als Nachruf und schlichtes Zeichen dankbarer Anerkennung sein.

Mit dem Abruf von Christian Neff ist ein sehr reiches und einflußreiches Leben zum Abschluß gekommen. Wir könnten ihn den Vater des heutigen süddeutschen Mennonitentums nennen. Es gab kaum einen Jugendtag, eine Konferenz, oder eine Predigerversammlung, an der er nicht persönlich teilnahm. Auf dem ersten Jugendtag nach dem Kriege, der auf dem Weierhof stattfand, war er zugegen. Noch auf der Predigerkonferenz am 15. Oktober, 1946, hielt er ein biblisches Referat über Röm. 6, 1 – 7. An der darauf folgenden Konferenztagung der süddeutschen Mennoniten in Ludwigshafen konnte er nicht mehr teilnehmen. Durch seine tiefe Frömmigkeit, seine gründliche theologische Ausbildung und seine Gaben als Prediger und Leiter reichte sein Einfluß weit über den engen Kreis der Heimat hinaus. Unter den norddeutschen, schweizerischen, elsässischen, holländischen, rußländischen und amerikanischen Mennoniten war er weitgehend bekannt. Vielen der Aelteren wird Br. Neff von seiner Amerikareise in 1913 bekannt sein. Am meisten ist er in ausländischen Kreisen durch seine aktive schriftstellerische Tätigkeit bekannt geworden. Als das Jahr 1925 nahte, wurde der Wunsch laut, daß man das 400jährige Jubiläum der Gründung der mennonitischen Gemeinschaft durch eine Weltkonferenz feiern solle. Es war Christian Neff, der die Initiative hierzu gab und auch zum Ehrenvorsitzenden der folgenden zwei Weltkonferenzen ernannt wurde.

Das Predigerhaus auf dem Weierhof

Die meisten Mennoniten Süddeutschlands leben zerstreut auf dem Land als Gutspächter oder Gutsbesitzer. Ein starkes geistliches Band und Familienband hält sie zusammen. Konferenzen, Jugendtage und eine Reihe anderer Anlässe führen sie immer wieder zusammen. Dieses gegenseitige Besuchen nennt man das Anhalten auf der “Vetternstraße” (man nennt einander gern “Vetter,” wahrscheinlich weil fast alle miteinander verwandt sind). Seit Generationen ist der Weierhof von besonderer Anziehungskraft gewesen. Der Weierhof liegt westlich von Worms am Rhein an Fuße des Donnerberges, und ist eigentlich kein “Hof” mehr, sondern ein stattliches Dorf. Es ist eins der wenigen Dörfer, das fast ausschließlich aus mennonitischer Bevölkerung besteht. Viele Mennoniten Amerikas stammen entweder direkt vom Weierhof oder aus der Pfalz. Namen wie Krehbiel, Galle, Lichti, Leisy, Haury, Hirschler, Hege u. andere sind Beweise für eine gemeinsame schweizerische Herkunst.

Seit Generationen ist der Weierhof ein Anziehungspunkt des süddeutschen Mennonitentums gewesen. Wahrscheinlich wegen der zentralen Lage erbaute man hier die Realanstalt, die einzige mennonitische Erziehungsanstalt in Deutschland. Viele junge Mennoniten erhielten hier ihre Ausbildung, wobei der Religionsunterricht, den Dr. Neff jahrzehnte erteilte, eine bedeutende Rolle spielte. Der hier gestreute Same hat viel Frucht gebracht und wird es auch in Zukunft tun.

Der Hauptanziehungspunkt auf dem Weierhof war das Pfarrhaus, in dem Prediger Neff mit seiner Familie wohnte. Man hatte immer den Eindruck als ob dort niemand unerwartet an die Tür klopfte, obschon sich sicherlich lange nicht alle Gäste anmeldeten. Immer fand man echte, süddeutsche-mennonitische Gastfreundschaft vor. Wenn man all die Gäste ein und ausgehen sah, wunderte man sich, wie der Pregidger und Gelehrte all seine Arbeit bewältigen konnte. Die ungeschminkte christlich-mennonitische Atmosphäre des Hauses mußte auf jeden Besucher den Eindruck machen als sei er ein Mitglied der Familie.
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Der Weierhof. Rechts, Wohnhaus des Predigers.
Wie groß muß die Veränderung gewesen sein als während des Krieges die praktische stets für Mann und Gäste tätige Frau Neff abgerufen wurde. Besonders schwer muß dieses für den alternden Br. Neff gewesen sein. Seine Tochter, die mit ihm wohnte, sorgte für ihn. Während der französischen

Besatzung wurde ihm für eine Weile sogar das Haus genommen.

Ein reiches Leben.

Außer dem persönlichen Einfluß, den Christian Neff als Prediger, Lehrer und Freund ausübte, muß seine schriftstellerische Tätigkeit genannt werden. In Bibliographie, die zu seinem 70. Geburtstag erschien, werden über 500 längere Artikel angeführt, die von ihm verfaßt wurden. Im Süddeutschen Gemeindeblatt, in den Mennonitischen Blättern, im Familien-Kalender, in den Mennonitischen Geschichtsblättern und in vielen anderen Zeitschriften erschienen seine erbaulichen und gelehrten Beiträge. Sein Lebenswerk aber ist das Mennonitische Lexikon, das er zusammen mit Christian Hege redigierte und herausgab. Die Geschichte des Lexikons ist eine Geschichte des Glaubensmutes und ein Denkmal des vorbildlichen Fleißes dieser beiden Geschichtsforscher.

Die Mennoniten Deutschlands waren seit geraumer Zeit nicht mehr von einer Mauer der Isolierung umgeben. Viele der jungen Menschen gingen dem Mennonitentum verloren. Männer wie Neff und Hege erfüllt mit einer Liebe zur eigenen Gemeinschaft und Jugend suchten nach Mitteln und Wegen der Jugend das Erbe der Väter und die eigene Gemeinschaft wertvoll und begehrenswert zu machen. Eines der Mittel war die Schaffung des Lexikons, das in alphabetischer Folge alle Namen und Ereignisse, die in der mennonitischen Geschichte von Bedeutung sind, behandelt. Dieses Werk sollte in 45 Lieferungen erscheinen, wovon je 15 Lieferungen einen Band ausmachen würde. Im Jahre 1913 erschien die erste Lieferung. Es war das Jahr in dem Dr. Neff seine Reise nach Amerika machte. Im folgenden Jahr brach der Krieg aus. Die darauf folgende Inflation und wirtschaftlichen Schwierigkeiten erschwerten die Herausgabe sehr. Glaubensmut und ungebrochene Energie der beiden Männer überwanden alle Schwierigkeiten. Im Jahre 1937 erschien der zweite Band. Die alternden Herausgeber arbeiteten fieberhaft am dritten Band als der zweite Weltkrieg ausbrach. Mehrere Lieferungen erschienen bis der Krieg den weiteren Druck unmöglich machte Im Jahre 1944 starb Christian Hege. Kaum war der Postverkehr hergestellt und schon bat der greise Onkel Neff um die Artikel “Oklahoma”, “Ontario” udn “Oregon.” Also bis zum Buchstaben “O” war alles gedruckt und weit darüber hinaus war das Material zum Druck fertig. Ungebrochen und unaufhörlich setzte der überlebende Herausgeber seine Arbeit fort. Wenig schreibt er in seinen Briefen über Verhältnisse, Freunde und Geschehnisse. Er lebt nur noch für einen Zweck. Natürlich weiß er, daß er die Vollendung des Lexikons nicht mehr erleben wird. Dennoch möchte er das Lebenswerk so weit wie möglich vollendet hinterlassen. Amerikanische Besucher berichten, daß Dr. Neff wohl nicht mehr lange leben würde. Auch Bilder von 1946 zeigen, daß die letzten Jahre nicht spurlos an den nun über Achzigjährigen vorbeigegangen sind.

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Prediger Christian Neff (rechts) und Prediger E. Haendiges (links) auf dem Jugendtag, 1946.
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Heimwärts

In den Briefen beginnt er jetzt mit Anerkennung von dem großen Hilfswerk der amerikanischen Mennoniten zu sprechen. Gleichzeitig schmerzt es ihn, daß die eigenen Glaubensgenossen, trotz der großen Not, davon vorläufig kaum erreicht werden. Aber auch hierbei denkt er nicht an sich, sondern an andere. Endlich erreicht ihn das erste Lebensmittelpaket. “Welch ein große Freude brachte es in unser Haus!” schreibt er und fährt fort: “Nun könnten wir wieder aufatmen und getrost der dunklen Zukunft entgegensehen. Für mich sind die großartigen Gaben z.Z. von besonderem Wert. Seit 3 Wochen (der Brief wurde am 2. November, 1946, geschrieben) bin ich an einem ungemein heftigen Darmübel und einer hartnäckigen Lungenverschleimung erkrankt. Es geht mir jetzt Gottlob wieder besser, und komme ich mit der üblichen Ernährung gut aus. Den Kaffee und Honig empfinde ich als hochwillkommene Gabe des Himmels und danke Dir und Gott meinem Herrn und Heiland von Herzensgrund . . .” Auch im darauf folgenden Brief (datiert 2. Dezember) dankt er wieder und wiederholt: “In der letzten Zeit bin ich häufig von einem hartnäckigen Darmleiden heimgesucht, das mich stets sterbenselend macht. Da hilft mir, wenn alles versagt, eine Tasse guten Bohnenkaffee. Das ist mir wie ein Wunder Gottes. Ich bin dafür unendlich dankbar.”

Er berichtet, daß er die am 21. November in Ludwigshafen stattgefundene Konferenztagung seines Leidens wegen nicht hätte besuchen können. Aber seine Handschrift und seine Interesse sind unverändert. Nie würde man einen alten kranken Greis darin erkennen. Mit regem Interesse berichtet er über den Eindruck, den Mennonite Life auf ihn gemacht habe und schickte Artikel zur Veröffentlichung ein. Er berichtet, daß R. Kreider nach Berlin versetzt wurde und hofft, daß sein Nachfolger ihn bald besuchen werde. Wieder spricht er die Hoffnung aus, daß die nächste Lieferung (37) des Lexikons trotz des Papiermangels und der Zensur der Militärregierung bald gedruckt werden sollte.

Dieser Brief vom 2. Dezember ist der letzte, der uns heute bekannt ist. Aus anderen Quellen wissen wir, daß er noch am 10. Dezember an einer Besprechung in seinem eigenen Hause teilnahm. Auch amerikanishe Vertreter waren zugegen. Sein Zustand verschlimmerte sich bald darauf.

Am 30. Dezember erlag Br. Neff seinem Leiden. Wir wissen nicht, ob ein früheres Eintreffen der Lebesmittelpakete sein Leben verlängert hätte. Wir wissen aber, daß das Leben vieler junger Menschen gerettet werden kann, wenn Du und ich heute und morgen helfend eingreifen.

Wir schließen mit einem Wort, das Chr. Neff am Schluße der All-Mennoniten Konvention in Berne, Indiana, im Jahr 1913 aussprach: “Wir gehören zusammen, nicht nur blos nach unserer Geschichte, nicht blos nach unserer Abstammung, aber weil ein Geist uns verbindt, eine Liebe uns vereinigt, eine Hoffnung uns zusammenschließt in einem Ziel, das in einer ewigen Welt liegt.”


Christlicher Bundesbote obituary: 18 Mar 1947 p. 9

text of obituary:

Ein unlöschbarer Eindruck von Ch. Neff

von Frau S. K. Mosiman

Die Todesnachricht von Dr. Christian Neff, den auch ich kennen und hochschätzen lernte, erinnerte mich an unseren Besuch dort, den ich in meinem Skizzenbuch verzeichnet habe.

Wir kamen Ende November, 1926, nach Süd-Deutschland und von Mannheim nach Ludwigshafen. Die Mennoniten hielten dort gerade ihre jährliche Konferenz ab. Wir schätzten ungefähr 200 Anwesende. Die Herren Drs. Neff, Landis und Hege, machten gleich einen Eindruck auf uns. Dr. Landis hielt eine ausgezeichnete Eröffnungsrede. Dann sprach Herr Benjamin Unruh in einer uns etwas auffallender Weise über Rußland. Wir kannten ihn. Darauf folgte das Geschäftliche solcher Versammlung, überaus einfach und übereistimmend, und kurz vor zwei Uhr vertagte die Konferenz. Ungefähr 210 blieben in dem Hotel zu Mittag. Dann gingen wir alle nach Hause, wir zurück nach Mannheim.

Dr. Neff hatte uns warm eingeladen sie zu besuchen. Doch wer lange ein offenes Hausgehalt übt, lernt eine gewisse Selbstzurückhaltung. Wir zögerten die Einladung anzunehmen, doch Dr. Neff war so warm bestimmt, daß wir zusagten mit Dank, noch heute.

Es war Sonnabend nachmittag. Frau Neff, eine einzig liebevolle, seine Dame, empfing uns als solche. Der Kaffeetisch wartete. Guter Kaffee, Apfelkuchen, Pfundkuchen, und “Hobelspäne”!

Auch Neffs hatten durch den Krieg alles verloren. Sie mußten sich sehr weise einrichten. Doch hatten sie ein Dienstmädchen und eine Haustochter, denn sie hatten noch drei rußische Jungens im Haus, denen sie durch die Weierhof Realschule halfen und zwei Pensionäre, die bezahlen konnten.

Sonntag war der erste Advent, und Dr. Neff hielt uns eine warme Adventspredigt. Am Nachmittag fuhren wir zu Stauffers und zu Galles. Der erstere ein Neffe von Herrn Dr. Stauffer in San Francisco. Bei Galles tranken wir Kaffee und es war urgemütlich dort, denn sie sprachen noch viel Pfälzisch. Wir fuhren im Chaische — ch (weich wie in ich). Die Stauffers hatten ein reizendes Heim.

Am Abend war eine Gedächtnisfeier für die Gefallenen in der Realschule. Gutes Singen und Deklamationen gab es von den Schülern. Der Dikektor [sic Direktor], Herr Goebel, verlor seine drei Söhne in diesem Krieg.

Als wir zurückkamen, kam noch der Weihnachtsmann zu Neffe. Ungefähr 25 junge Gäste hatten sich eingefunden und wirklich in reizender Weise, überreichte der Weihnachtsmann jedem Gast ein Päckchen Marzipan, das zierlich eingepackt, einen witzigen Reim aufgeklebt hatte, von Frau Neff selbst verfaßt. Sogar wir waren bedacht. Es war eine unvergeßliche heitere Stimmung.

Im Sonnzimmer waren ein paar ältere Freunde, unter anderen Herr Kunstmaler Wohlgemuth, die dort jeden Sonntag Stammgäste waren.

Am Montag machten wir noch einige kurze Besuche, auch bei Herrn Wohlgemuth, der nur ein Gemälde, Berchtesgaden, in schwarzem Rahmen abließ, das auch von Kennern aufrichtig bewundert wird. Am Dienstag verließen wir das traute Heim nach Warburg zu geben.

Dr. Neff ist wohl meistens bekannt durch seine Arbeit an dem mennonitischen Lexikon, das unter Verständigen ihm ein bleibendes Andenken sichert. Einige von den M.C.C. Bekannten haben ihn persönlich kennen und schätzen gelernt. Doch auf uns machte er einen unauslöschbaren Eindruck. Er wandelte mit Gott und wohnte in einem Haus “Wo die Liebe wohnt”.

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