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Jenny (d. 1882)

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Christlicher Bundesbote obituary: 15 Jan 1882 p. 15

Birth date:

text of obituary:

Aus einem Briefe der Schwester S. Haury

an eine Freundin in Halstead, Kansas.

Liebe Freundin K.! Gehört von unserm schweren Verluste hast Du wohl, aber ob Du Näheres darüber erfahren hast, ist zweifelhaft. — An dem verhängnißvollen Abend (Sonntag den 19. Febr.) um etwa ein Viertel vor sieben Uhr brachte ich die vier Kleinen (Carlchen, Jenny, Emil und Walter, d. Red.) zu Bette. Die drei größten beteten noch das Abendgebetlein:

Now I lay me down to sleep,
I pray the Lord my soul to keep
If I should die before I wake,
I pray the Lord my soul to take.

Carl saß auf unserm Schooß und lachte und spielte noch mit uns. Ich gab ihm dann noch Milch und trug auch ihn zu Bett, das hinten an der Wand in unserm Bette war. Zwischen unserm Wohn- und Schalfzimmer war ein Wandschrank, durch den wir aber immer durchgingen. Die innere Thüre ließ ich auf, die äußere machte ich zu und bemerkte zu Samuel, daß ein wenig Rauch im Schlafzimmer sei, welches nie zuvor passirte. Doch dachten wir an nichts Besonderes, da die Schornsteine, besonders der an der Südseite, oft so sehr rauchten, daß des Bleibens in manchen Stuben nicht mehr war. Ich ging dann in die Schulstube, sang und spielte ein wenig auf der Orgel. Um ein halb nach sieben Uhr kam Samuel herab und klingelte zur Abendandacht. Diese dauerte höchstens eine halbe Stunde. Nachdem die Abendandacht geschlossen, rief ich die Mädchen, um sie zu Bett zu bringen. — Samuel sah einen Funken am Ostfenster vorbeifliegen, dann noch einen und noch einen. An Feuer denkend sprang er an die Ostthüre, da war der ganze Hof grell beleuchtet, die ganze Südseite des Hauses stand in Flammen. Samuel sprang sogleich die Stiege hinauf an das Wohnzimmer und öffnete die Thüre, aber es drang ihm eine solche Ansammlung von Gas und Rauch entgegen, daß er kaum vorwärts dringen konnte. Die Lampe, die er brennend auf dem Tische verließ, war aus Mangel an Luft erloschen. Er ging jedoch an die Schlafzimmerthüre, fand diese aber von Innen verschlossen; der Nachtriegel muß sich auf irgend eine Weise vorgeschoben haben. Er sprang wieder herab, rief um eine Axt und holte die Lampe aus dem Schulzimmer, sprang wieder hinauf und da die Lampe wieder ausging, warf er sie zu Boden und fing an die Thüre zu erbrechen. Ich lief hinunter und holte eine Lampe aus Dirksens Zimmer, und als ich wieder heraufkam, hatte Samuel die Thür bereits erbrochen und drang hinein, riß unsern lieben Kleinen vom Bette, und fühlend, daß seine Kräfte wichen, machte er noch einen Versuch, kam heraus und gab mir unsern Liebling — todt. — Er ging gleich wieder zurück und kam mit Jenny heraus. Um diese Zeit waren schon viele Menschen zusammengekommen. Ein Mann nahm ihm Jenny ab. Samuel rief dann um Hülfe, da er fühlte, daß er nicht mehr genug Kräfte besaß noch zweimal hineinzugehen. Br. Dürksen kam dann und nahm ihm Emil an der Thüre ab. Samuel ging zum letzten Male hinein, nahm den Walter, und als er herausging, schlugen ihm die Flammen durch den Wandschrank überm Haupte zusammen. Die vier Kinder waren jetzt den Flammen entrissen, zwei waren aber schon heimgegangen. Wir wußten jedoch nicht, daß Jenny schon todt war, bis sie gegen Mitternacht in das Haus gebracht wurde, wo wir Frauen mit Karl und Emil waren. — Der nächste Versuch war, die Kinder wenn möglich in's Leben zu bringen, sie waren alle wie todt. — An Carl blieben die Wiederbelebungsversuch erfolglos, doch Emil und Walter wurden wieder in's Leben zurückgebracht, um nach vierundzwanzigsstündigem schweren Leiden auch heimzugehen.

Jetzt war uns ja Alles auf dieser Erde genommen, auch die Kinder, die wir so gern behalten hätten. Doch der Herr, der diese Wunde geschlagen, kann sie auch wieder heilen, auf ihn vertrauen wir. Er hat uns so weit keinen Mangel leiden lassen, und wir sind der gewissen Zuversicht, er wird auch in Zukunft für uns sorgen.

Dienstag Nachmittags um drei Uhr war die Leichenfeier hier im Schulhause. Nach derselben nahm Mr. Hauser Emil fort nach dem Fort, wo er Tags darauf begraben wurde. Die andern drei wurden auf dem neuen Gottesacker nordöstlich von der Agentur zur Ruhe gebracht.

Durch die Güte und Freundlichkeit der Leute hier haben wir jetzt Kleider und auch Unterkommen, bis wir wieder ein eigenes Heim haben. — Ich möchte hier auch meinem Dank Ausdruck geben für die Sachen, die Ihr (der Halstead-Frauen-Verein, d. Red.) mit Br. Krehbiel und Richert gesandt habt; sie kommen uns sehr zu statten.

Ich habe Dir jetzt die Thatsache jener Schrekensnacht mitgetheilt, aber lebhaft vor die Augen führen kann ich sie nicht, dazu sind Feder und Worte zu schwach; so etwas muß man durchleben, ehe man sich einen rechten Begriff davon machen kann. — Ich muß schließen. Mit vielen Grüßen Deine

Susie L. Haury


† Die kleine Jenny. †

Unsere kleine Jenny ist nicht mehr! Und dem ersten Berichte von ihr muß der "Bundesbote" in seiner zweiten Nummer schon den letzten aus ihrem Leben folgen lassen! Ein kleiner Grabhügel in Darlington ist Alles, was uns geblieben ist als Andenken an den Erstling unserer Mission, der nebst Carlchen, dem Erstgeborenen unsrer Missionsgeschwister Samuel S. und Susie L. Haury, auch das Erstlingsopfer war, welches die Heimsuchung unsrer Missionsstation durch Feuer gefordert hat. — Doch nein, mehr als ein kahler Grabhügel ist als Denkmal unsrer Jenny uns geblieben, ein theures Vermächtniß hat sie der Kinderwelt hinterlassen, welche so theure Opfer bringen mußte, — und wollt Ihr lieben Kinder, wissen, welches das herrliche Andenken, das kostbare Vermächtniß unsrer Jenny an Euch ist? — Der "Bundesbote" möchte es Euch vernehmlich zurufen, es tief in Eure Kinderherzen drücken, nämlich: Das letzte Gebetlein unserer Jenny vor ihrem frühen Tode. Leset es Euch noch in dem obigen Briefe der lieben Schwester Haury, prägt es Eurem Herzen und Eurem Gedächtniß tief ein, und wenn Ihr mit gefalteten Händen und andächtigem Herzen es betet, dann denkt daran: so beteten an jenem Abend des 19. Febr. 1882 drei Heidenkinder in Darlington, nicht ahnend, daß es ihr letztes Gebetlein, ihr Sterbegebet sein sollte. Denkt ferner dann, daß unter dem Grabhügel in Darlington wohl die Leiber der Verunglückten dem großen Auferstehungsmorgen entgegenschlummern, daß ihr Geist aber da ist, wo ihre Engel allezeit schauen durften das Angesicht ihres Vaters im Himmel. — Denkt daran, lieben Kinder, daß unsrer Jenny letztes Gebetlein eine dringende Mahnung an Euch ist, auch so zu beten und Eure Herzen und Hände zu öffnen dem Heilande und seiner Reichssache, damit noch viele Heidenkinder so beten lernen, um Alle auf den Armen des treuen Hirten Jesus eingesammelt werden zu können, dahin, wo unter der selig verklärten Kinderschaar vor dem Throne Gottes in das himmlische "Hosanna dem Sohne Davids" bereits einstimmen dürfen: Carlchen, Jenny, Emil und Walter.

Für diejenigen Kinder, welche das "letzte Gebetlein unsrer Jenny" in englischer Sprache nicht lesen können, geben wir den Inhalt desselben im Deutschen wieder, der etwa folgender ist: "Jetzt lege ich mich nieder zum Schlafen und bitte den Heiland, meine Seele zu bewahren. Und sollte ich sterben, bevor ich erwache, so bitte ich den Heiland, meine Seele zu sich zu nehmen."