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Bancroft, George (1800-1891)
Christlicher Bundesbote obituary: 1891 Feb 12 p. 3
Birth date: 1800 Oct 3
text of obituary:
George Bancroft †.
Amerika hat einige vortreffliche Geschichtsschreiber hervorgebracht. Die namhaftesten sind: Prescott, Motley und Bancroft. Prescott schrieb die Eroberung Mexikos, Motley, der Studiengenosse Bismarck's in Göttingen, den Abfall der Niederlande, und George Bancroft die Geschichte der amerikanischen Colonien und die Geschichte unserer Republik.
George Bancroft, der Größte in diesem Kleeblatt, ist reich an Jahren, wie an Ehren, Samstag, den 17. Jan. 1891, gestorben. Er ist werth, daß wir seiner gedenken. George Bancroft war der Sohn des Geistlichen Aaron Bancroft und wurde am 3. Okt. 1800 zu Worcester in Massachusetts geboren. Er studirte im Harvard-College, ging ab 1817 und reiste alsbald nach Deutschland, um da weiter zu studiren. Er studirte Anfangs Theologie und hat oft auf den Dörfern in der Nähe von Göttingen gepredigt; dann aber wandte er sich immer mehr der Philosophie und Geschichte zu. Nach dem er 1820 in Göttingen Doctor der Philosophie geworden war, ging er nach Berlin. Hier ward er mit Schleiermacher, Wilhelm von Humboldt, Savigny und andern großen Männern bekannt. Dann reiste er. In Heidelberg verkehrte er viel mit Schlosser. In Paris mit Cousin und Benjamin Constant. Durch die Schweiz reiste er zu Fuß und ging dann über die Alpen nach Italien. In Mailand lernte er Manzoni, in Rom Bunsen kennen. Nach Amerika heim gekehrt, errichtete er mit Dr. Cogswell in Northampton eine Schule und übersetzte Heeren's Politik von Altgriechenland. Die Wahl zur Legislatur und zum Senat seines Staates lehnte er ab, weil er mit historischen Studien beschäftigt war. Im Jahre 1834 erschien der erste Band seiner Geschichte der Vereinigten Staaten. Dann ward er von Präsident Van Buren zum Zoll-Inspektor von Boston ernannt und nahm eine Zeit lang lebhaften Antheil an der Politik. Unter Polk wurde er 1845 Marine Minister und gründete als solcher die Akademie für Offiziere der Flotte zu Annapolis in Maryland. Im Seedienst traf er viele heilsame Veränderungen. Er war es auch, der den Befehl zur Besitzergreifung von Californien gab; er war es, der General Taylor in Texas einmarschiren hieß. In 1846 ward Bancroft unser Gesandter in England. Dort gewann er viele Freunde. Oxford machte ihn 1849 zum Doctor der Rechte. Seine freie Zeit verwendete der fleißige Mann immer auf geschichtliche Studien. Alle großen Bibliotheken stöberte er durch und sammelte so ein reiches Material. In 1849 nach New York zurückgekehrt, schrieb er eifrig an seinem großen Geschichtswerke weiter, das bald bis zum achten Bande gedieh und die Bewunderung, wie den Stolz seiner Landsleute erregte. In 1867 ging er als amerikanischer Gesandter nach Berlin, wo er das deutsche Reich in 1870 und 1871 erstehen sah. In 1873 erschien der zehnte Band seiner großen Geschichte der Vereinigten Staaten. Das Werk gehört zu den größten Meisterwerken aller Zeiten und ist in viele Sprachen übersetzt. Bancroft ist, wie Ranke, ein Mann von großen Ideen und ein Meister in der pragmatischen Darstellung. Er zeigt uns immer die Ursachen, aus denen die Ereignisse hervorgehen. Außer jenem großen Werk schrieb er auch mehrere kleinere, z. B. über Präsident Van Buren und über die Bundesverfassung.
Mit deutscher Wissenschaft hatte Bancroft seinen Geist genährt und gebildet. Darum war er auch bis an sein friedliches Ende ein warmer Freund Deutschlands und der Deutschen. Unter den hellsten Sternen am Himmel unserer Geschichte glänzt auch der Name George Bancroft's.
(Deutscher Volksfrd.)