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Friesen, Elisabeth Thiessen (1847-1922)

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Mennonitische Rundschau obituary: 1922 Jul 5 p. 14

Birth date: 1847 Aug 23

Text of obituary:

Todesanzeige.

Meine Mutter Elisabeth Friesen, geborene Thießen (Vatername Klaas Thießen) wurde am 23. August 1847 in Preußen geboren. Als achtjähriges Mädchen wanderte sie mit ihren Eltern nach Rußland aus. Verheiratet mit unserm Vater Daniel Friesen etwa 1865. Unsere Eltern erzogen eine zahlreiche Familie. Zuletzt haben unsere Eltern im Dorfe Kaltan auf der Samarischen Ansiedlung gewohnt, wo der Vater 1909 starb. Die Mutter zog dann mit nach Sibirien, wohin die meisten Kinder gingen. Dort ist sie am 14. Feb. dieses Jahres gestorben und zwar am Typhus. Sie war 14 Tage krank. Sie wurde begraben am 19. Feb. (an meinem Geburtstage) auf dem Friedhofe von Gnadenheim. Sie ist nun also ewig in Gnaden heim. Bin bereit, unsern Verwandten den russischen Brief zuzustellen, wenn sie mir ihre Adressen schicken.

Ich singe meiner Mutter folgende Verse nach:

O wandre, Seele, wandre in die Ferne,
Kein Hindernis sei dir die höchste Wehr!
O klage laut und sag es jedem Sterne,
Denn meine liebe Mutter ist nicht mehr!

Wie schwarz verhängt es sich vor meiner Seele,
Den Busen füllt das herbe Trauerweh!
Von Gott gewollt, aus seiner Leibeshölle
Entfloh dem Irdischen das Himmlische.

Sie ging dahin, die einstmals mich geboren,
Ihr Auge brach, der schwarze Vorhang fällt—
Ich hab ein Herz, ein Mutterherz verloren—
Wie arm und kalt erschein mir nun die Welt!

Noch dachte sie in ihrer Mutterschöne
Empfindungsvoll mit größter Zärtlichkeit
An ihre zwei so weit entfernten Söhne—
Wie hätte sie ihr Anblick noch gefreut!

Jedoch das harte Schicksal kennt kein Schonen,
Es reißt vom Mutterherzen kalt das Kind,
Wo Liebe, Glück und Eintracht friedlich wohnen.
Da schlägt hinein der kalte Schicksalswind.

Wie liegt in meiner Seele noch die alte
Erinnerung an jene gute Zeit.
Wo durch das Vaterhaus der Jubel schallte
Beim frohen Fest an Mutters froher Seit.

Sie schied dahin, umringt von Angst und Schmerzen,
Die Kinder lassend in des Hungers Haus—
O Mutter, sprich: Was war in deinem Herzen?
Spricht das ein Sterblicher in Worten aus?

So bist du, da, wohin wir alle wallen,
Im Geiste willig, nach dem Fleische schwach
Bald, Mutter, gibt's ein Wiederseh'n mit Allen—
Drum ruhe sanft! — Die Kinder kommen nach.

Ihr auf Wiedersehen hoffender Sohn

Heinrich D. Friesen,

P. O. Cadillac, Sask., Canada, Box 15