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Becker, Peter (1845-1907)
Mennonitische Rundschau obituary: 1907 Dec 4 p. 10
Birth date: 1845 Dec 16
text of obituary:
Aelt. Peter Becker, Marion, S. D., gestorben.
Weil der liebe Heimgegangene weit und breit bekannt war hier in Amerika, sowie in der alten Heimat, wird es manchem lieb und wert sein, einen kurzen Bericht aus seinem Leben und besonders von seinen letzten Tagen und Heimgang zu hören. Der liebe Editor wird so freundlich sein und es in den Spalten der "Rundschau" aufnehmen.
Unser Vater wurde geboren den 16. Dezember 1845 im Dorfe Karolswalde, Russisch Polen. Er hat sein Leben seinem Erlöser geweiht als er 16 Jahre, 5 Monate und zwei Tage alt war. Ist in den Ehestand getreten mit Maria, geb. Richert, den 21. November 1869; aus dieser Ehe sind 11 Kinder entsprossen, wovon ihm acht in die Ewigkeit vorangegangen sind. Im Herbste 1874 wanderten unsere Eltern mit drei Kindern, von welchen jetzt noch zwei am Leben sind, aus nach Amerika und siedelten im Jahre 1875 im Frühjahr auf der wilden Prairie Süddakotas 40 Meilen nördlich von Yankton an, woselbst der Herr ihren schweren Anfang und ihre Arbeit im Irdischen reichlich gesegnet hat. Mit ihnen zugleich siedelten aus verschiedenen Gegenden Rußlands noch viele andere an. Da der Aelteste, welcher mit ausgewandert war, gleich das erste Jahr starb, wurde das Verlangen wach, eine Predigerwahl zu halten, welche Wahl ihn traf, und auch bald darauf zum Aeltesten gewählt wurde. Dieses Amt ist ihm als Leiter einer Gemeinde und Botschafter an Christi Statt bei den vrschiedenen Ansichten oft unendlich schwer geworden, weil seine Amtsbrüder ihm in seiner Arbeit nicht treu zur Seite standen und unterstützten. Aber der liebe Heiland, auf den er sich verließ, stand ihm bei. Um ihn zu läutern und bewährt zu machen, nahm er ihn in eine ernste Schule, indem der Tod eingriff und tiefe Wunden schlug.
Am 9. Juni 1892 starb die Tochter Elske im Alter von 18 J., 10 M., 9 T. Am 20. März 1893 wurde seine Ehegattin, unsere liebe Mutter, welche ihn oft mit Rat und Trost unterstützte, durch den Tod von seiner Seite genommen. Um einige Monate desselben Jahres, am 6. Juli, starb die Tochter susanna im Alter von 15 J., 5 M., 19. T. Einen Monate später, den 9. Aug., starb Sohn Franz im Alter von 17 J., 2 M., 16 T. Der Tod war unerbittlich. Den 11. Juli 1896 nahm er Sohn Abraham im Alter von 15 J., 6 M., 22 T. Den 2. Nov. 1897 starb Sohn Heinrich im Alter von 18 J., 5 M., 2 T. Den 31. August 1900 starb Sohn Jakob im Alter von 15 J., 5 M., 12 T. Muß noch erwähnen, daß zwei Kinder am Anfang hier klein gestorben sind.
Nun führte der Vater mit seinem ältesten Sohn, Kornelius, und seiner tochter Eva, welche zu der Zeit 18 Jahre alt war, in seiner Einsamkeit die Wirtschaft noch einige Jahre fort, bis er das Land vor einigen Jahren verrentete und seine Arbeit mehrenteils nur auf Obst- und Bienenzucht beschränkte.
Weil die meisten Verwandten in Kansas und Oklahoma wohnen, wurde das Verlangen in den drei Kindern, wovon die älteste Tochter Helena meine Frau ist, wach, dieselben zu besuchen, so wurde denn auch mit des Vaters Wunsch der 8. Oktober d. J., dazu bestimmt. Ehe der Vater mit seinen Kindern zur Stadt fuhr, sange sie noch das Lied: " Gott mit uns bis wir uns wieder sehen." Befahlten sich dann noch im Gebet dem Schutze Gottes und seiner Gnade, daß er uns nach seinem Willen führen möchte. Zwei Mädchen, Maria und Eva Becker, waren bereit einzuwarten, die nötige Arbeit zu thun und den Vater zu besorgen. Alles ging glücklich vonstatten, die Reise und auch zu Hause, waren froh und glücklich und Vater fühlte besonders gesund. Er half seine alte Mutter pflegen, welche bei seinem Bruder Johann, ungefähr eine Viertelmeile entfernt wohnt, deren letzte Kräfte geschwunden, weil sie schon 87 Jahre alt gewesen ist. Er konnte sich noch am besten handtieren.
Als in der Nacht vom 7. auf den 8. November sich die ersten Schmerzen im Leibe einstellten, verließen ihn aber so viel, daß er Freitag noch zweimal zur Mutter ging und mit gutem Appetet Mittag aß. Nachmittags erhielt er einen Brief von senem Neffen Peter Unruh, Kan., wie und wo sich seine Kinder befanden und wie sie ihr Reiseziel die nächsten Tage bestimmt hatten. Er erzählte mir noch den Brief per Telephon und wir besprachen noch, da sie ja von Angang ihr Reiseziel auf sechs Wochen bestimmt, wenn sie wollten auch noch unseretwegen eine Woche länger bleiben könnten, ahnten aber beide nicht, daß wir sie schon Sonntag, den 10., telegraphisch heimrufen müßten. Samstag, den 9., sechs Uhr abends, stellten sich große Schmerzen im Leibe ein, er rief sich aber noch selbst per Telephon den Arzt von Marion, welcher auch sofort kam; ich war schon da als derselbe kam. Der Arzt untersuchte ihn und fand die Krankheit sehr bedenklich, verordnete starke Abführungspulver einzunehmen. Ich frug den Arzt, was dann zu thun sei, im Falle diese Pulver ihren Zweck nicht erreichen würden. Da antwortete er, es muß wirken ehe sie alle sind. Da ich aber auf meine Frage bestand, antwortete er mir draußen: "Dann ist's schlimm!" Er nahm die verordneten Pulver alle ein, aber anstatt ihren Zweck zu erreichen, bereiteten sie ihm eine sehr schmerzvolle Nacht, bis er 5 Uhr morgens die Pulver ausbrach und wir auf seinen Wunsch heißen Hafer auflegten und die großen Schmerzen nachließen und erträglicher wurden. Wir sprachen des Morgens um 10 Uhr, ob wir den Kindern telegraphieren wollten. Weil er seine drei Kinder sehr liebte und ihnen ihre Besuche nicht stören wollte, sagte er: Wollen es noch bis morgen anstehen lassen. Da wir jedoch sahen, daß die Krankheit stark zunahm, fragte ich ihn um 3 Uhr nachmittags: Vater, wollen wir jetzt nicht telegraphieren—sagen Sie wie Sie wünschen. Dann gab er entschieden zur Antwort, so schnell wie möglich zu telegraphieren, daß sie nach Hause kommen sollten. Da sie laut Nachricht in Beaver, Oklahoma bei meinem Bruder Jakob Dirks sein mußten und die nächsten Tage darauf in Meno, Olka., telegraphierten wir gleich nach beiden Stellen. Weil die Depesche aber meinen Bruder Jakob nicht erreichte, fuhren sie anstatt von Liberal über Newton nach Lahoma, Okla. Da aber die Krankheit über alle Erwartung zunahm und wir alle und er selbst sah, daß das Ende nahe sei, sprach er: "Ich befehle meinen Geist in deine Hände, wie du, o Jesu, deinen Geist in die Hände des Vaters." Und als ihm schon der Todesschweiß auf seiner Stirne stand, sangen wir noch sein Lieblingslied: "Näher, mein Gott, zu dir." Er sang noch einige Worte verständlich mit und bald darauf, 9 Uhr 15 Min. abends, den 11. d. M., entfloh die Seele aus der Leibeshülle und kehrte zu ihrem Ursprung zurück.
Der liebe Vater war in seiner Krankheit ein Exempel der Geduld und Gottergebenheit, denn er hat in gesunden Tagen mit Gott und Menschen, so weir er Erkenntnis hatte, alles in Ordnung gebracht, und er war dem Wort des Apostels nachgekommen: "So viel an euch ist habt mit allen Menschen Frieden." Verordnungen über sein Vermögen hatte er weiter keine gemacht, als daß er zu mir sagte: "Gebt $500 zur Mission und das Uebrige teilt Euch im Frieden. Viel Teilnahme wurde ihm in seinem Leiden und Sterben von Freunden und Bekannten erwiesen. Als ihn jemand kurz vor seinem Tode fragte: Aber die Kinder? dann sagte er noch: Die werden mich so finden wie Gott will. Weil das Begräbnis wegen der Heimkehr seiner Kinder unbestimmt war, besorgten wir seinen Leib so gut wir wußten und der Herr gab seinen Segen dazu, daß er sich gut hielt, denn es war Befürchtung, da er schon vor seinem Tode sehr geschwollen war, war aber am Begräbnistage schöner als im Sterben.
Nächsten Morgen, Dienstag, wurde eine Depesche von dem Tode des lieben Vaters nach Lahoma, Olka., an Andreas Beckers abgeschickt, woselbst die drei Geschwister erst am Mittwoch, 1 Uhr nachmittags ankamen. Dort angekommen, telephonierten sie gleich nach ihren Tanten, welche so schnell sie konnten zur Stadt kamen und ihnen zugleich einen Brief vom Vater, den er noch kurz vor seiner Krankheit schrieb, daß sie gesund und alles gut in Ordnung sei, und beide Depeschen mitbrachten, welche ihrer Ankunft schon entgegen harrten.
Die lieber Leser möchten mir zu gute halten wenn ich etwas umständlich bin, denn es sind für uns zu wichtige Tage.
Als die lieben Freunde Andreas Beckers gefahren kamen — jetzt lasse ich sie reden — standen wir gerade auf dem Seitengang. Nach der Begrüßung, die schon etwas getrübt schien, frug uns die Tante: Habt Ihr Nachricht von zu Hause? Wir verneinten, merkten ihr aber gleich an, daß nicht alles in Ordnung sei. Wir frugen, ob die Großmutter gestorben sei. Nein, war die Antwort, der Vater ist doch nicht tot? — Ja, wir haben die Depesche schon seit gestern morgen, war die Antwort. Wir können unsere Gefühle auf dem Papier nicht ausdrücken, und den Schmerz, der unser Inneres durchzuckte, kann nur der fühlen, der ähnliches erfahren hat. Lene sagte: Ich habe schon viel Trübsal in dieser Welt gehabt, aber wie ich diesen Schmerz überstehen soll, weiß ich nicht, aber wie der Tag so die Kraft.
Wir gingen sogleich