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Werner, Gustav (1809-1887)

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Christlicher Bundesbote obituary: 1887 Sep 15 p. 3

Birth date: 1809 Mar 12

text of obituary:

† Gustav Werner.

Am 2. August d. J. verschied nach längerem Leiden der in weiten Kreisen durch seinen christlichen Socialismus, seine zahlreichen Rettungsanstalten und seine Reisepredigten bekannte Gustav Werner. Geboren war er in Zwiefalten, den 12. März 1809. Als Pfarrvikar in Walddorf bei Tübingen begann er durch die Aufnahme verwaister Kinder und durch die Begründung einer Industrie-Schule und Kleinkinderpflege seine von Jahr zu Jahr immer großartiger sich entfaltende Thätigkeit. 1840 verließ er seine ländliche Wirksamkeit, um als Reiseprediger sich eine neue Bahn zu brechen. Im Laufe der vierziger Jahre erwarb er durch die unwiderstehliche Anziehungskraft seiner Persönlichkeit und Redegabe, durch unermüdliche Thätigkeit und staunenswerthe Selbstaufopferung mehr als 100 über ganz Württemberg zerstreute Kreise von Anhängern. Seine Predigt drängte auf lebendiges, thätiges Christenthum, betonte besonders die Engellehre und die Weissagungen über die letzten Dinge.

Mit Johannessinn hat der Verewigte am Evangelium geschafft und vor allem eine Fülle rettender und neuschaffender Liebe sich zugeeignet in einer Zeit, wo auf weiten Kreisen der Bann eines kalten, unfruchtbaren Vernunftchristenthums lag. Im Jahre 1842 kaufte er in der Gegend von Reutlingen ein Haus, und gründete eine Anstaltsschule mit 80 Kindern. Er suchte die Kinder, die er hier aufnahm, zu nutzbringender Arbeit durch Hausindustrie anzuhalten. Der Charakter der Familie blieb auch der stets wachsenden Anstalt, die sich durch verschiedene Filialanstalten besonders in der Schwarzwaldgegend in den 1860er Nothjahren immer weiter ausdehnte, erhalten. Bis zum Jahre 1862 hatte er bereits nicht weniger als 22 Zweiganstalten hergestellt, in welchen Industrie, Handwerks- und Fabrikwesen mit Erziehung, Seelsorge, Rettungs- und Unterstützungsanstalten aller Art verbunden waren, und die ein gesichertes Socialvermögen von wenigstens 1/4 Million Gulden in sich bargen, während das ihnen zur Verfügung gestellte freie Privatvermögen mehr als eine Million betrug. Jedes Mitglied lebt und wirkt für das Ganze.

Werner war der Vater und seine ihm in hingebender Liebe treulich zur Seite stehende Ehefrau Albertine geb. Zwißler die Mutter aller. Niemand verlangte nach Lohn; jedes wetteiferte in uneigennütziger Thätigkeit und die gelieferten Arbeiten mußten mit ihrem Gewinn dazu beitragen, auch den der Schule entwachsenden Knaben und verschiedenen Hilfsbedürftigen, Gebrechlichen, geistig oder körperlich Beschränkten allmälig Aufnahme und Unterhalt zu gewähren. Werner wollte das Gebot Christi, Arme, Krüppel, Lahme, Blinde an seinen Tisch zu laden, in möglichster Ausdehnung erfüllen. Die Gemeinsamkeit des Arbeitens und Genießens, in der Alle für Einen und Einer für Alle leben, das erschien ihm als das Reich Gottes. Der Strom der Liebe, der sich durch ein solches Gemeinwesen hindurchzieht, war ihm die Frucht des Blutes Christi.

Unzählige verkommene Familien und verwahrloste INdividuen haben in den von Werner gestifteten Anstalten religiösen Halt gewonnen und eine feste bürgerliche Stellung erhalten. Werner wollte den Beweis liefern, daß gewerbliche Unternehmungen, die rein nach christlichen Grundsätzen geführt werden, ebenso ertransfähig sind, wie andere. Freilich