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Friesen, Johann (d. 1917): Difference between revisions
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Den 28. Mai 1917. Lieber Onkel und | Den 28. Mai 1917. Lieber Onkel und Tante dort in der Ferne! Friede zum Gruß und den Herrn Jesum zum Trost! Möchte dieser Brief Sie bei guter Gesundheit und Wohlergehen antreffen. Wir sind Gott sei Dank, schön gesund. Neujahr schrieb ich Ihnen einen langen Brief, welcher wahrscheinlich nicht hingegangen ist. | ||
Ich muß Ihnen zuerst sehr traurige Nachricht schreiben, nämlich, daß unser werter Onkel Johann Friesen in Erserum am Typhus gestorben ist im März dieses Jahres. Erserum ist eine Stadt an der türkischen Grenze. Sehr traurig für die liebe Tante und Kinder. Im großen ganzen sieht es hier auch sehr traurig aus. Voriges Jahr hat es sehr wenig Getrude gegeben und dieses Jahr gibt es vielleicht gar nichts. Es ist schon vierzehn Tage solch schrecklicher Sturm gewesen und so dichter Staub, daß es beinahe unmöglich ist, draußen etwas zu arbeiten. Das Getreide war alles aufgegangen, dann kam der schreckliche Sturm, der sozusagen alles vernichtet hat. Die lose Erde ist fortgejagt, und die Getreidehalme liegen mit den Wurzeln oben auf der Erde und sind ganz vertrocknet. Meine Eltern werden nahe zur Not auskommen, aber den Schwiegereltern wird's wohl sehr arm gehen, denn sie hatten schon voriges Jahr wenig geerntet. Unsere Schwiegereltern sind Jakob Enßen. Die Schwiegermutter stammt aus Alexanderwohl, ist Peter Harders Tochter. Sie sind später nach Samara gezogen und haben in Kraßikow gewohnt. Dann sind sie nach Omsk gezogen und von dort nach der Barnaulschen Ansiedlung, wo sie in Golenkij eine Wirtschaft haben. Sie haben in Amerika auch Verwandtschaft, nämlich meine Schwiegermutter hat dort einen Bruder Peter Harder, wissen aber nicht seine Addresse. Meine Schwiegereltern ihre Freunde und unser lieber Onkel bauern dort vielleicht besser wie wir in Sibirien und möchten vielleicht einmal etliche Dollar nach Rußland schicken. Das würde hier mehr helfen, als man dort vielleicht ahnt. Die | Ich muß Ihnen zuerst sehr traurige Nachricht schreiben, nämlich, daß unser werter Onkel Johann Friesen in Erserum am Typhus gestorben ist im März dieses Jahres. Erserum ist eine Stadt an der türkischen Grenze. Sehr traurig für die liebe Tante und Kinder. Im großen ganzen sieht es hier auch sehr traurig aus. Voriges Jahr hat es sehr wenig Getrude gegeben und dieses Jahr gibt es vielleicht gar nichts. Es ist schon vierzehn Tage solch schrecklicher Sturm gewesen und so dichter Staub, daß es beinahe unmöglich ist, draußen etwas zu arbeiten. Das Getreide war alles aufgegangen, dann kam der schreckliche Sturm, der sozusagen alles vernichtet hat. Die lose Erde ist fortgejagt, und die Getreidehalme liegen mit den Wurzeln oben auf der Erde und sind ganz vertrocknet. Meine Eltern werden nahe zur Not auskommen, aber den Schwiegereltern wird's wohl sehr arm gehen, denn sie hatten schon voriges Jahr wenig geerntet. Unsere Schwiegereltern sind Jakob Enßen. Die Schwiegermutter stammt aus Alexanderwohl, ist Peter Harders Tochter. Sie sind später nach Samara gezogen und haben in Kraßikow gewohnt. Dann sind sie nach Omsk gezogen und von dort nach der Barnaulschen Ansiedlung, wo sie in Golenkij eine Wirtschaft haben. Sie haben in Amerika auch Verwandtschaft, nämlich meine Schwiegermutter hat dort einen Bruder Peter Harder, wissen aber nicht seine Addresse. Meine Schwiegereltern ihre Freunde und unser lieber Onkel bauern dort vielleicht besser wie wir in Sibirien und möchten vielleicht einmal etliche Dollar nach Rußland schicken. Das würde hier mehr helfen, als man dort vielleicht ahnt. Die Adresse der Schwiegereltern ist: Jakob Enns, Postkasten No. 19, Utsch. Golenkij, Poststation Slawgorod, Tomsk Gouv., Sibirien, Rußland. | ||
Es möchte dort in Amerika vielleicht jemand seinen Freunden und Bekannten hier im Barnaulschen mithelfen, weiß aber die Adresse derselben nicht, der kann bei mir anfragen, denn ich besitze zwei Windmühlen und habe deshalb eine große Bekanntschaft | Es möchte dort in Amerika vielleicht jemand seinen Freunden und Bekannten hier im Barnaulschen mithelfen, weiß aber die Adresse derselben nicht, der kann bei mir anfragen, denn ich besitze zwei Windmühlen und habe deshalb eine große Bekanntschaft. Wer etwas spenden will für arme Soldatenfrauen, kann das Geld an meine Adresse senden. Ich kaufe dann für das Geld Weizen und mahle es umsonst und teile es nach Gutdünken aus. Herzlich grüßend, | ||
''Bernhard Friesen.'' | ''Bernhard Friesen.'' | ||
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Meine Adresse: Bernh. Friesen, Dorf Podineshnoje, Wol Orlowsk, Postabteilung Snamenskoje via Slawgorod, Gouv. Tomsk. | Meine Adresse: Bernh. Friesen, Dorf Podineshnoje, Wol Orlowsk, Postabteilung Snamenskoje via Slawgorod, Gouv. Tomsk. | ||
Der obige Brief wurde zur Ver& | Der obige Brief wurde zur Veröffentlichung in der Rundschau eingesandt von Marg. und Joh. Stobbe, Langham Saskatchewan, mit folgenden Bemerkungen inbezug auf denselben: "Wir bekamen diesen Brief den 25. Juli, der an den Editor der Rundschau geschickt werden sollte um in derselben veröffentlicht zu werden. Der Brief den 25. Juli, der an den Editor der haben wir im April erhalten, sehr zerschnitten. Er wurde auch in der Gemeinde vorgelesen, und es wurde für die Armen in Sibirien eine ziemliche Summe zusammengelegt und hingeschickt. Dies Geld ist wahrscheinlich noch nicht da gewesen, als er diesen Brief geschrieben hat. Der Schreiber ist der Sohn meines Bruders Jakob Friesen, früher Schachowa, ist schon über zwei Jahre von zuhause weg im Dienst als Sanitär, und sehr weit von zuhause ab gestorben. Seine Frau ist in sehr dürftigen Verhältnissen, hat fünf unmündige Kinder. Es stimmt uns sehr traurig." | ||
''Marg. und Joh. Stobbe.'' | |||
[[Category: Mennonitische Rundschau obituaries]] | [[Category: Mennonitische Rundschau obituaries]] |
Latest revision as of 10:26, 27 April 2018
Mennonitische Rundschau obituary: 1917 Aug 22 p. 10
Birth date:
Text of obituary:
Den 28. Mai 1917. Lieber Onkel und Tante dort in der Ferne! Friede zum Gruß und den Herrn Jesum zum Trost! Möchte dieser Brief Sie bei guter Gesundheit und Wohlergehen antreffen. Wir sind Gott sei Dank, schön gesund. Neujahr schrieb ich Ihnen einen langen Brief, welcher wahrscheinlich nicht hingegangen ist.
Ich muß Ihnen zuerst sehr traurige Nachricht schreiben, nämlich, daß unser werter Onkel Johann Friesen in Erserum am Typhus gestorben ist im März dieses Jahres. Erserum ist eine Stadt an der türkischen Grenze. Sehr traurig für die liebe Tante und Kinder. Im großen ganzen sieht es hier auch sehr traurig aus. Voriges Jahr hat es sehr wenig Getrude gegeben und dieses Jahr gibt es vielleicht gar nichts. Es ist schon vierzehn Tage solch schrecklicher Sturm gewesen und so dichter Staub, daß es beinahe unmöglich ist, draußen etwas zu arbeiten. Das Getreide war alles aufgegangen, dann kam der schreckliche Sturm, der sozusagen alles vernichtet hat. Die lose Erde ist fortgejagt, und die Getreidehalme liegen mit den Wurzeln oben auf der Erde und sind ganz vertrocknet. Meine Eltern werden nahe zur Not auskommen, aber den Schwiegereltern wird's wohl sehr arm gehen, denn sie hatten schon voriges Jahr wenig geerntet. Unsere Schwiegereltern sind Jakob Enßen. Die Schwiegermutter stammt aus Alexanderwohl, ist Peter Harders Tochter. Sie sind später nach Samara gezogen und haben in Kraßikow gewohnt. Dann sind sie nach Omsk gezogen und von dort nach der Barnaulschen Ansiedlung, wo sie in Golenkij eine Wirtschaft haben. Sie haben in Amerika auch Verwandtschaft, nämlich meine Schwiegermutter hat dort einen Bruder Peter Harder, wissen aber nicht seine Addresse. Meine Schwiegereltern ihre Freunde und unser lieber Onkel bauern dort vielleicht besser wie wir in Sibirien und möchten vielleicht einmal etliche Dollar nach Rußland schicken. Das würde hier mehr helfen, als man dort vielleicht ahnt. Die Adresse der Schwiegereltern ist: Jakob Enns, Postkasten No. 19, Utsch. Golenkij, Poststation Slawgorod, Tomsk Gouv., Sibirien, Rußland.
Es möchte dort in Amerika vielleicht jemand seinen Freunden und Bekannten hier im Barnaulschen mithelfen, weiß aber die Adresse derselben nicht, der kann bei mir anfragen, denn ich besitze zwei Windmühlen und habe deshalb eine große Bekanntschaft. Wer etwas spenden will für arme Soldatenfrauen, kann das Geld an meine Adresse senden. Ich kaufe dann für das Geld Weizen und mahle es umsonst und teile es nach Gutdünken aus. Herzlich grüßend,
Bernhard Friesen.
Meine Adresse: Bernh. Friesen, Dorf Podineshnoje, Wol Orlowsk, Postabteilung Snamenskoje via Slawgorod, Gouv. Tomsk.
Der obige Brief wurde zur Veröffentlichung in der Rundschau eingesandt von Marg. und Joh. Stobbe, Langham Saskatchewan, mit folgenden Bemerkungen inbezug auf denselben: "Wir bekamen diesen Brief den 25. Juli, der an den Editor der Rundschau geschickt werden sollte um in derselben veröffentlicht zu werden. Der Brief den 25. Juli, der an den Editor der haben wir im April erhalten, sehr zerschnitten. Er wurde auch in der Gemeinde vorgelesen, und es wurde für die Armen in Sibirien eine ziemliche Summe zusammengelegt und hingeschickt. Dies Geld ist wahrscheinlich noch nicht da gewesen, als er diesen Brief geschrieben hat. Der Schreiber ist der Sohn meines Bruders Jakob Friesen, früher Schachowa, ist schon über zwei Jahre von zuhause weg im Dienst als Sanitär, und sehr weit von zuhause ab gestorben. Seine Frau ist in sehr dürftigen Verhältnissen, hat fünf unmündige Kinder. Es stimmt uns sehr traurig."
Marg. und Joh. Stobbe.