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Harder, Bernhard (1811-1900)

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Christlicher Bundesbote obituary: 1900 Sep 20 p. 2

Birth date: 1811

text of obituary:

Für den Bundesboten.

Bernhard Harder. †


Einzelne Züge aus dem Leben unseres liebe heimgegangen Vaters Bernhard Harder, im Auftrage der trauernden Hinterbliebenen zusammengestellt von seinem Sohne Gustav Harder.


Unser lieber heimgegangener Gatte, Vater, Großvater, Urgroßvater und Freund wurde geboren am 12. März 1811 in Marienau, Westpreußen. Sein Vater war Hans Harder und seine Mutter Helene, geborene Reimer. Schon frühe mußte er erfahren, was die Seele eines Kindes am tiefsten erfaßt, nämlich der Heimgang seiner geliebten Muter [sic], und als hernach, als er 4 Jahre alt war, auch sein Vater starb, da stand er mit seiner einzigen Schwester, an der er mit großer Liebe hing, als vater- und mutterlose Waise allein in der Welt. Zugleich aber durfte er auch die köstliche Wahrheit des Gotteswortes erfahren: "Vater und Mutter verlassen mich, aber der Herr nimmt mich auf;" denn nach dem Tode seiner Eltern kam er zu seiner Großmutter mütterlichseits und zu seinem Stiefgroßvater Entz nach Sandhof. Hier nun hat er seine Jugendzeit verlebt. Von dieser seiner Großmutter pflegte er zu sagen, daß sie ihn lieber gehabt habe als ihre eigenen Kinder.— Aus dieser seiner Jugendzeit, die bis in sein hohes Alter so frisch in seiner Erinnerung geblieben war, hat er uns manche frohe und manche ernste Begebenheiten erzählt. Dabei pflegte er dann immer die Gnade seines Gottes zu rühmen, die ihm stets so fühlbar nahe gewesen.

In seinem 17. Jahre kam er zu seinem Onkel Abraham Harder nach Heubuden. Dieser Wechsel, den er unter viel Gebet zu dem Herrn gethan, war für ihn gleichsam ein Wendepunkt seines äußern sowie seines innern Lebens. Es war merkwürdig, mit welcher Genauigkeit die einzelne Züge, die diesem Wechsel vorangingen, sich seiner Seele eingeprägt und seinem Herzen eingedenk geblieben waren, so daß er bis in die letzten Tage seines Lebens sich derselben erinnern und sie lebhaft wiedergeben konnte, dabei aber immer betonend, das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor meinen Augen. — Auch in Bezug auf sein inneres Leben kam es hier zu einem Wendepunkt, indem er im Jahre 1828 am 2. Pfingstfeiertage die hl. Taufe empfing und ein Schmerzenslohn des Herrn Jesu wurde, und zugleich gliedlich der Gemeinde Heubuden beitrat.

Am 9. Oktober 1832 trat unser Vater in den Ehestand mit der Witwe Anna Regier, geb. Peters. Er wurde zugleich Stiefvater über vier zum Teil schon erwachsene Kinder, nämlich des uns allen unvergeßlichen Onkels Bernhard Regier von Newton, sowie der Tante B. Claaßen von Siemonsdorf, Westpreußen, der Tante P. Dyck bei Elbing und des Onkels Abraham Regier bei Elbing. Alle vier sind ihm im Tode vorangegangen. Ein liebevolles Freundschaftsverband hat stets zwischen ihm und diesen Kindern und Großkindern bestanden, davon haben mannigfache Beweise Zeugnis abgelegt. Davon giebt auch die liebevolle Teilnahme Zeugnis, die die l. Großkinder ihrem Großvater stets erwiesen, mit der sie auch heute an seinem Sarge mit uns trauern. — Nach zwanzigjähriger Ehe löste der Herr dieses Band; im August 1852 starb seine erste Gattin.

Am 8. März 1853 trat unser l. Vater zum zweitenmal in den Ehestand mit unserer unvergeßlichen Mutter Agathe, geb. Regier. In dieser Ehe wurden ihnen 6 Kinder geboren, davon 4 im zarten Kindesalter starben. Zwei dagegen stehen heute hier am Sarge und betrauern ihren geliebten Vater. — Nach neunjähriger Ehe löste der Herr auch dieses Band. Am 4. November 1861 starb seine zweite Gattin, unsere geliebte Mutter. — Dieses Abscheiden sowie die Art und Weise, in welcher unsere Mutter von ihm und uns Abschied nahm, hat bei ihm und auch bei uns einen unvergeßlichen Eindruck hinterlassen. In dieser Zeit, da unser geliebter Vater zum zweitenmal die Einsamkeit des Witwerstandes durchmachen mußte, hat er uns oft mitgenommen ins Gebetkämmerlein und lehrte uns auf diese Weise schon frühe in allen Stücken unser Anliegen auf den Herrn zu werfen. In dieser Zeit hat er sich besonders an dem ihm so teuer gewordenen Gotteswort aufgerichtet: "Wirf dein Anliegen auf den Herrn, er wird dich versorgen." Und der Herr hat es gethan.

Am 16. Juli 1863 trat er zum drittenmal in den Ehestand mit der ihn nun tiefbetrauernden Gattin, die nun noch 37 Jahre Freud und Leid an seiner Seite mit ihm geteilt und getragen, und ganz besonders in den letzten Jahren mit soviel liebevoller Hingabe ihn gepflegt hat, bis zu seinem Scheiden. In dieser Ehe wurden den l. Eltern zwei Söhne geboren; der ältere davon trauert hier heute mit den l. Seinen mit uns am Sarge des geliebten Vaters, während der jüngere bald heimgerufen wurde.

Manches wichtige und während der langen Zeit seines Lebens und Wirkens hervorragende Ereignis wäre noch zu erwähnen. So hat unser l. Vater z. B. in den Jahren 1839, 1845 und ganz besonders im Jahre 1855 die Wassersnöte in seiner alten Heimat in Preußen durchgelebt und erfahren. Solche Zeiten waren ganz besonders ernst und hatten neben zeitlichem Verlust manche lebensgefährliche Fahrten im Gefolge; aber immer hat er die Durchhilfe des Herrn erfahren, ja oft so wunderbar, so thatsächlich erfahren.

Unser inniggeliebter Vater war aber nicht nur ein großer Menschen- und besonders Kinderfreund; er war auch ein großer Natur- und Gartenfreund. Dreimal wurden ihm seine schönen Anpflanzungen von den Wasserfluten zerstört und jedesmal hat er mit des Herrn Hilfe seinen schönen Garten wieder aufgebaut; was Wunder, wenn sein schönes Besitztum in der alten Heimat ihm recht ans Herz gewachsen war; und doch kam eine Zeit, wo dieses alles verlassen werden mußte um des Namens des Herrn Jesu willen.

Als in den 60er Jahre unsere Gewissensfreiheit in Bezug der Wehrpflicht uns genommen werden sollten, da machte er sich ernstlich mit dem Gedanken vertraut, seine alte Heimat zu verlassen. Im Jahre 1869 machte er eine längere Besuchsreise ins östl. Rußland, um sich nach einer neuen Heimat umzusehen. Als nun in den Jahren nach 1870 uns jede Hoffnung auf ein ferneres Verbleiben genommen wurde, und auch Rußland sich nicht mehr als ein Bergungsort für uns erwies: da beschloß unser Vater mit noch manchen andern nach Amerika Auszuwandern [sic] und war einer der ersten, der dieses, in seinem bereits schon vorgerückten Alter von 65 Jahren nicht mehr leichte Unternehmen ins Werk setzte, indem er sein ihm so lieb gewordenes Besitztum, auf dem er 44 seiner besten Jahre treulich gearbeitet, verkaufte, um seine alte Heimat zu verlassen. Im Jahre 1876 schloß unser l. Vater mit den Seinen sich dem ersten Auswanderungszuge nach Amerika an. Bei dieser ganzen Bewegung hat unser lieber Vater es auch erfahren dürfen, daß der Geist Gottes den Menschen frei machen kann, von allem, was ihm so lieb geworden, sich loszumachen, daß er sagen kann: "Wenn ich nur dich habe," — und "dennoch bleibe ich stets an dir; Israel hat dennoch Gott zum Trost," und "denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen." Der Geist Gottes ist es, der den Glauben stärkt und auch Kraft giebt zum Bekennen seines Namens. Das war die Kraft des Glaubens auch bei unserem Vater, daß er es auf Gott wagte. — Darum durfte er auch die Wahrheit des Wortes erfahren: "Wer da verlässet Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Aecker um meines Namens willen, der wird es 100-fältig nehmen und das ewige Leben ererben." — Doch hat unser l. Vater sich hierauf nie etwas zu gute gehalten, sondern sein Standpunkt war und blieb der:

"Hier kommt ein armer Sünder her,
Der gern durchs Lösegeld selig wär."

Der erste Aufenthalt in Amerika wurde unseren Eltern in so liebevoller Weise von den Freunden Peter Wiebe in Halstead geboten. — Von hier aus hat unser l. Vater sich den Sommer 1876 an den verschiedenen Landbesichtigungen in Kansas und Nebraska beteiligt, bis er mit einigen andern, hier in Butler Co., Kansas, im September jenes Jahres sich ankaufte und sogleich mit der Ansiedlung begonnen wurde. — Daß unermüdliche Thätigkeit ein besonderer Charakterzug unseres l. Vaters war, das bezeugt auch die Energie, mit welcher er aufs neue auf den Prärien von Kansas, mit Gottes Hilfe, sich ein neues freundliches Heim zu gründen wußte.

So wurde unser l. Vater auch ein Mitbegründer unserer jetzigen Gemeinde und auch hierin wird sein Andenken im Segen bleiben. Wenn ich nun noch der Thatsache Erwähnung thun möchte, daß unser l. Vater in Bezug auf der Ausübung der geistigen Gaben und Erfüllung der gemeinschaftlichen Pflichten treu gewesen ist, so muß ich noch einmal zurückgreifen bis in das Jahr 1836, wo er in der Gemeinde Heubuden zum Vorsänger ernannt wurde. Vierzig Jahre hat er in der alten Heimatgemeinde dieses seines Amtes mit viel Geschick und großer Liebe und Treue gewartet. Manches Lied hat er in der alten und hernach in der neuen Heimat zur Ehre seines Gottes und zur Stärkung des Glaubens für sich und andere gesungen. Manchem teuren Dahingeschiedenen hat er nachgesungen: "Alles eilt zur Ewigkeit." Manchmal zur Buße aufgefordert mit seinem Lieblingsliede: "Mein Heiland nimmt die Sünder an," oder "Ringe recht, wenn Gottes Gnade dich nun ziehet und bekehrt." Als wir hier in der neuen Heimat zum erstenmal Gottesdienst hatten in der damals neuerbauten Kirche, da stimmte er in seiner Weise das schöne Morgenlied an: "Steig auf, du Lied im höhern Chor," und als wir zum Schluß kamen, da war es ihm erst bewegt ums Herz, als wir sangen:

"Einst sammelst Du die Garben ein,
Einst wird ein Tag der letzte sein,
An dem wir hier erscheinen.
O Jesu, dann verlaß uns nicht,
Dann wollest Du im Himmelslicht
Uns alle um dies eine."

Nun hat er ausgekämpft. Sein Sehnen ist gestillt. Er darf nun singen zur Ehre seines Gottes vor des Lammes Thron.

Der Dichter Matthias Claudius bekennt am Grabe seines Vaters: "Ach, sie haben einen guten Mann begraben, doch mir war er mehr." — Mir war er mehr, das ist das Bekenntnis unserer l. Mutter, die so eine lange Zeit mit ihm gepilgert und ihn treu gepflegt hat. "Mir war er mehr" — das ist heute das Bekenntnis jeder einzelnen seiner drei Söhne, die er mit soviel Liebe ins Herz geschlossen und denen er Vater, Freund und Berater war in allen Lagen ihres Lebens. "Mir war er mehr" — so stimmen die Schwiegertöchter mit ein, im Rückblick auf die Liebe, die er auch ihnen bewiesen. "Mir war er mehr" — so sagen die l. Großkinder, jedes einzelne, heute mit thränendem Auge im Blick auf alle erfahrene Liebe. "Mir war er mehr", so spricht heute manch treuer Freund auch in der alten Heimat, wo man ja heute auch seiner gedenkt und erinnert sich daran, wie unser l. Vater es verstand ganz in der Stille manches Leid tragen und lindern und manche Wunden verbinden zu helfen. "Mir war er mehr", so denkt manch ein Freund auch unter uns und erinnert sich des freundschaftlichen Beisammenseins mit ihm, wo er so gerne die Begebenheiten aus seinem langen und bewegten Leben erzählte und mancher Episode auch in humoristischer Weise gedachte, dann aber auch immer wieder und ganz besonders im engeren Familienkreise die Gnade und Treue seines Gottes rühmte, wie sie sich an ihm täglich und stündlich erwiesen.

Wenn der treue Herr unseren l. Vater in seinem langen Leben vor schweren Krankheiten verschont hat, so ist er doch auch durch verschiedene Unglücksfälle heimgesucht worden, die ihn mehrmal an den Rand des Grabes brachten.

Ganz langsam fingen seine Kräfte an abzunehmen, bis er in den letzten Jahren nicht mehr das Zimmer verlassen konnte. Wenn nun auch körperlich manche Schwächen sich mehr und mehr fühlbar machten, so hatte der Herr ihm doch die Gnade geschenkt, daß sein Gehör und Gesicht ihm erhalten blieben. Ganz besonders aber danken wir dem Herrn, daß er ihm die Kräfte des Geistes und der Seele so frisch erhalten bis zu seinem letzten Stündlein. — Mehrmals haben wir in den letzten Jahren, im kleinen Familienkreise mit dem auch ihm so teuern, nun auch schon heimgegangenen unvergeßlichen Aeltesten Leonhard Sudermann das hl. Abendmahl gefeiert. —

"Es wird nicht lang mehr währen,
Halt noch ein wenig aus,
Es wird nicht lang mehr währen,
Dann kommen wir nach Haus."

Das waren die Worte, mit denen er sich und die Seinen in den letzten Lebenstagen tröstete. Oft hat er gebetet:

"Herr, meine Leibeshütte sinkt nach und nach zu Grab,
Gewähre mir die Bitte und brich sie stille ab.
Gieb mir ein ruhig Ende, der Augen matten Schein
Und die gefaltenen Hände laß sanft entseelet sein."

Und der Herr hat sein Gebet erhöret. Am Dienstag, den 7. August, bekam er Fieber, das seine geschwächten Kräfte bald aufrieb. Am Sonnabend, den 11. August, 9 Uhr abends schlug ihm die ernste Stunde, wo der Herr ihn aus diesem Leben abrief. Sein Ende war sanft und selig. — Er hat einen guten Kampf gekämpft, er hat den Lauf vollendet, er hat Glauben gehalten, hinfort ist ihm beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, welche ihm der Herr an jenem Tage, der gerechte Richter, geben wird. Das sind Worte des Trostes für uns, die wir an seinem Sarge trauern. — Wir haben viel verloren, denn der Herr hatte uns viel mit ihm geschenkt. Aber wenn auch das Auge thränt, so danken wir doch dem Herrn, daß er uns ihn so lange gelassen. Wir sagen Gott Dank für alle bis an sein Ende ihm erwiesene Gnade, Liebe, Treue und Barmherzigkeit. — Unser lieber Vater ist alt geworden: 89 Jahre und 5 Monate. Ihm betrauern seine l. Gattin, 3 Söhne, 3 Schwiegertöchter, 15 Enkel und ein Urenkel und viele, viele Freunde in der Nähe und in der Ferne.

"Endlich kommt Er leise,
Nimmt uns bei der Hand,
Führt uns von der Reise
Heim ins Vaterland.

Dann ist's ausgerungen!
Ach, dann sind wir da,
Wo Ihm wird gesungen
Ein Halleluja!"


Nachschrift.

Am Mittwochnachmittag, den 15. August, haben wir unsern l. Vater unter großer Beteiligung von nah und fern auf unserem Familienfriedhofe zur letzten Ruhe getragen. Im Trauerhause oder eigentlich unter dem Schatten der Bäume, die er gepflanzt, haben liebe Brüder Worte des Trostes und der Mahnung uns zugerufen. Zuerst sprach Br. Joh. Andres über 2. Kor. 5, 1-10; dann Br. Ed. Claassen über 1. Mose 24, 56; Onkel P. Claassen von Newton über Joh. 14, 4; Br. C. H. Regier über Psalm 4, 9 und zuletzt Br. Chr. Krehbiel von Halstead über Offb. Joh. 22, 1-5. — Nachdem auf dem Friedhofe Br. Jakob Toews von Newton den Segen gesprochen, haben wir die teure Hülle des Entschlafenen unter den Klängen des Liedes: "Wo findet die Seele die Heimat, die Ruh," und "Lebt wohl, lebt wohl, ich harrte lang", ins Grab gesenkt, worauf Br. J. R. Toews von Newton die erhebende, uns unvergeßliche Feier mit Gebet schloß. — Wir aber singen wohl noch oft im Andenken an ihn:

"Im Herrn entschlummert, selig ist,
Der singen kann durch Jesum Christ;
Wir alle, die im Glauben ruhn;
O Tod, wo ist dein Stachel nun?"

Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben, von nun an. Ja, der Geist spricht, daß sie ruhen von ihrer Arbeit; denn ihre Werke folgen ihnen nach.

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