Prussian/Polish Mennonite History

Early Secondary Sources

Hartwich, Abraham. Geographisch-Historische Landes-Beschribung [sic] derer dreyen im Pohlnischen Preußen liegenden Werdern... Königsberg: Christoph Godfried Eckart, 1723.


There are scattered references to Mennonites throughout the book, but this chapter is the one that focuses primarily on Mennonites and Quakers.

[I’ve put marginal notes into footnotes, approximately where they occur in the text. The footnote references show up as little boxes.]


This has not been proofread very carefully, so if you find errors please let me know so I can correct them.


book 2, p. 276


Das dreyzehende Capitel.

Von den Mennonisten und Quä-

ckern in den Werdern.


§1


Sichere Documenta haben wir / von denen in den Werdern noch wohnenden Mennonisten. Denn es haben sich dieselben schon Anno 1500. und etlich 30. oder 40. hieselbst eingenistelt Anno 1550. klagten die Elbinger schon über die Mennonisten bey dem [p. 277] Könige Sigismundi Augusto, daß sie sich in der Stadt Freyheit häußlich niedergelassen hätten / und thäten den ihrigen Abbruch Footnote / deßwegen auch I. K. Maj. an E. E. Raht der Stadt Elbing rescribiret: daß sie den sogenannten Holländern und Wiedertäuffern ernstlich sagen solten / innerhalb 14. Tagen die Stadt zu räumen. Alß auch ferner Anno 1571. Hr. Sebast. Neogeorgius in Elbing sehr gründlich und hart geprediget hatte / wieder die Wiedertäuffer / die auff den Land-Gütern geduldet würden / und gebehten / daß doch endlich Mittle möchten vor die Hand genommen werden / damit sie möchten abgeschaffet werden; haben die Erb. Zünfte und Gewercke den 24. Octobr. bey E. E. Raht angehalten / daß die Wiedertäuffer die Landgüter räumen möchten / und drauff haben sie auch die Resolution erhalten / daß die Wiedenspenstigen [sic] zwischen hier und Ostern abscheiden / und ihre Nahrung anders wo suchen solten. Solches aber ist nicht allenthalben gleich geschehen / sondern einige Bürger haben ihre Mennonisten auf den Landgütern beybehalten. Deßwegen Anno 1572. zur Zeit des Interregni, die Erb. Gewercke abermahl bey E. E. Raht gravaminiret, daß etliche Bürger die Mennonisten von ihren Lande nicht ziehen liessen / und also eine Ungleichheit gehalten würde; darauf gesprochen / daß sie solten und müsten abgeschaffet werden.

            §2. Solches hatte aber schol in seinem Lande der Gottseel. Brandenburgische Marggraf Albertus Anno 1559. precaviret [?], und die Wiedertäuffer auszujagen gebohten. Welches ebenfals Herr George Friedrich, Margraff zu Brandenburg / bald im Anfang seiner Regierung auch thate / indem er die Wiedertäuffer aus seinem Fürstenthumb verwiese / sie auch darinnen nicht leyden wolte / es sey denn daß sie ab- und zufahrende Handels-Leute wären. Allein solches verursachte / daß sie sich theils umb Dantzig und Elbing / theils auch in den Werdern einfunden / welches der Sambländische Bischoff Wigandus in einem Schreiben fast mercklich andeutet / im Jahr 1581. da er schreibet / daß die Anabaptisten in Preussen an einigen Orten sich schon so viel gesammlet hätten / daß sie ihre Zusammenkünffte hielten. Und das war bey nahe schon geschehen / im Jahr Tausend Fünffhundert und etliche Siebenzig / da die Dantziger so hefftig [p. 278] wieder Sacramentirer, Arianer, und Wiedertäuffer stritten / daß sie das Dantziger Gebieth räumen solten / weil sie sich so häufig daselbst eingenistelt / und der Bürgerschafft im Handel und Wandel grossen Schaden thäten / wie im vorigen gemeldet worden.

            §3. Anno 1610. waren die Mennonisten in Elbing so weit gekommen / daß sie ohne Vorwissen der Obrigkeit unter sich Ehescheideten / freyeten / theileten etc. und hatten doch das Bürger-Recht gewommen. Weßwegen auch die Stadt-Obrigkeit sich bey Ihrer Kön. Maj. in Pohlen / über die grosse Insolenz der Mennonisten beschwerete / und erhielten Anno 1611. den 27 Junii ein Rescript, daß weil die Wiedertäuffer untereinander freyeten / Ehescheideten / und Theilung thäten nach ihrem Gefallen / ihnen bey 100. Ungarischen Gulden Busse solle untersaget werden / sich nicht zu befreyen ohne Vorwissen der Orbigkeit / damit man sehe ob es Personen wären die der Stadt angenehm wären / oder ob sie zu nahe in die Freundschafft freyeten: item, daß die Kinger mit tüchtigen Vormündern vorsorget solten werden / und man ihnen in deisem und jenem nicht ein besonders Recht tacite. gestehe. Dem Jost Kempner / solte aufferlegt werden eine richtige Verzeichnung des Seinigen abzugeben. Auch solte der Dürcks von Niessen abgestraffet werden / daß er sich heimlich befreyet hätte / und seinen Kindern welcher Vater Bürger gewesen / nicht Vormünder verordnet / richtige Theilung gegeben hätte / wie es das Recht erfordet. Dieses solte von E. E. Raht ihren Aeltesten verständiget werden. Im übrigen wolten auch die Mennonisten von allen Bürgerlichen Beschwerden frey seyn / und vor Gericht nicht schwören. Hierüber wurde abermahl von der Stadt bey dem Könige Sigismundi III. gravaminiret; und derselbe verabschiedete Anno 1615. den 26. April. daß die Mennonisten / welche von allen Bürgerlichen Beschwerden frey seyn / und doch Bürgerliche Nahrung treiben wolten / so wie andere in der Stadt / vermöge Rechtens / ihre Pflicht thun solten / welches E. E. Raht bald exequiren solte. Woraus leicht zuersehen [sic] ist / daß die Mennonisten in den Werdern einen grössern Pass haben können / weil sie in der Stadt Elbing zu Bürgern sind auf- und angenommen / so gar / daß sie auch ihre absonderliche Versammlung und Aeltesten / [p. 279] welches die Vermahner sind / haben halten können. Und demnach ist es auch geschehen / daß sie nicht allein in Dantzig und Marienburg / sondern auch in den Werdern ihre freye Vergaderung oder Versammlung jetzo haben; wie woll sie auch grosse Noth unter dem Könige Vladislao Anno 1646. litten. Denn auf dem Warschauischen Reichs-Tage wurden im Julio alle Arrianer und Wiedertäuffer aus dem gantzen Polnischen Reich verbannisiret. Doch haben sie sich wieder mit vielem Geld erhalten.

            §. 4. Ob nun wol zwar von den Mennonisten underschiedene Gattungen sind / so findet man dochnur zweyerley Art im Werder / alß die feine und grobe Mennonisten. Die Feine werden Flämmische / oder Klahrken / oder Reinstoff / und /Feinstoff genant; die Grobe aber nennet man die Friesen / oder Bekümmerten / oder Dreckwagen. Diese Art Mannisten / verdammen alle andere Secten der Wiedertäuffer Footnote / als die David Georgianer, die Müntzerianer und Münsterische / die Hütterische / die Paracelsisten, Quintinisten die Flämische etc. doch nehmen sie sie gerne an / wenn sie aus anderen Mennonisten Gemeinen abgesetzet sind / deßwegen sie auch einen solchen Nahmen / von dem Dreckwagen bekommen haben.

            §. 5. Was ihre Lehre anlangt / so ist dieses dem Werder am meisten bekannt / daß sie die Kinder-Tauffe verwerffen und gar keinen Eyd thun wollen / es sey denn gezwungen. Die andere Lehr-Puncten wissen sie in ihren Reden und Bekändtnüssen so zuverdecken / daß man so leicht nicht drauß klug werden kan. Umb deßwillen hat ehmals Anno 1678. Footnote der glorwürdige König in Pohlen Johannes III. in Dantzig ein sonderliches Consistorium formiren lassen / auf Befehl des Pomerellischen Bischoffes Stanislai Sarnofski, vom Hrn. Officialen Nahmens Joachimo von Hirtenberg / Pastorio, etlichen Leßlauischen Thum-Herren / und anderen Päbstlichen Theologis, welche beyder Secten Vermahners haben examiniren / und ihr Bekäntnis ausforschen müssen / wie davon weitläufftiger Hr. Hartknoch in seiner Kirchen-Geschicht zulesen. Es haben auch damahls die Mennonisten ihr Bekäntniß gedruckt herausgegeben / aber ihre rechte Meinung verschwiegen; als zum Exempel von den dreyen Personen in ger Gottheit / von dem Ursprung der Menschlichen [p. 280] Natur Christi etc. Footnote Denn da sie zugeben / daß in der Gottheit zwar 3. Zeugen sind / so leugnen sie doch / daß 3. unterschiedene Personen sind / und also nur 3. Nahmen / die ihre Bezeichnung und Eigenschafften haben. Also leugnen sie auch daß Christus seine Menschliche Natur nicht aus dem geheiligten Leibe der Jungfrau Mariä genommen / sondern daß Er sie vom Himmel mitgebracht habe / und darumb sprechen sie: Christus ist zwar Mensch geworden in der Jungfrau Maria / aber Er ist nicht von der Jungfrau Maria. Wie solche Ausflüchte und Unterscheid mir selbst ehemahls ein Mannist machte Anno 1703. und auch zufinden in dem Büchlein / genannt der Ausgang oder Bekehrung Menno Simonis / im andern Theil / von der Mennonisten kurtzen und einfältigen Glaubens-Bekäntniß. num. 3. gedruckt Anno 1968. Der Heil. Engel gedencken die Mennonisten gar nicht in dem gedruckten Exemplar von Anno 1678. Allein in dem geschriebenen Exemplar von Anno 1660. und 1698. gedencken sie derselben im 15. Cap. Von der Wiederkunfft Christi / von Aufferstehung der Todten / und letztem Gericht und Urtheil; anderer irrigen Puncten zugeschweigen / als vom Glauben der Kinder / von der Erb-Sünde / etc. derer sie gar in ihren Confessionen nicht gedencken / obgleich sie handeln vom Amt der Lehrer und Diaconen, von der Christlichen Tauffe / von dem Abendmahl des Hrn. vom Christlichen Bann in der Gemeine etc. Die Zahl ihrer Lehr-Puncten sind eigendlich 12. derer in der 10ten Frage ihres Catechismi Footnote Meldung geschiehet. Denn es fraget sich an den Lehr-Jünger / wie viel Artickel du in der Gemeine des lebendigen Gottes findest nöthig zu seyn durch den Glauben sichtlich zu würcken? Antwort: Ich bekenne durch meinem Glauben 12. nöthig zuseyn / durch die Lehre Christi und seiner Apostel zubeleben und unterhalten / 1. Die H. Tauffe / 2. das H. Abendmahl / 3. die Erwehlung der Prediger und Diaconen. 4. daß Werck der Liebe einander die Füsse zuwaschen. 5. Den H. Ehestand. 6. Der Macht der Obrigkeit Gehorsam zuseyn. 7. Den Eyd nicht zu schweren. 8. Keine Rache über seinen Feind zu üben. 9. Den Christlichen Bann. 10. Die Entziehung der Abfälligen. 11. Die Bußfertigen wieder anzunehmen. 12. Die Aufferstehung der Todten. Die [p. 281] Frange und Antowrt auf jede Artickel sind diese / doch aber kurtz gefast: Die 11. Frag. Es fragt sich an den Lehr-Jünger / wer die Christliche Tauffe hat eingesetzt? Antwort: Ich bekenne durch meinen Glauben / daß Christus der lebendige Sohn Gottes / nach dem Er mit seinen Jüngern 40. Tag geredet hat von dem Reich Gottes (nach seiner Auffersteheung) Act. 1. v. 3. so hat Er zuletzt seinen Jüngern Befehl gethan / und diese Heil Tauffordnung / nach dem Willen seines Himmlischen Vaters / eingesetzet / und gesprochen: Mir ist gegeben etc. Die 12. Frag: Es fraget sich an den Lehr-Jünger / was dich die Heil. Tauffordnung lehret / daß du durch deinen Glauben sichtlich mögest wircken? Antwort: Ich bekenne durch meinem Glauben / daß mich die Heil. Tauff-Ordnung Christi lehret / und ist eine Anweisung meiner Sünden / umb rechtschaffene Früchte der Busse davon zuthun. Matth. 3. v. 11. Zum andern lehret und ist sie mir ein Zeuge der geistlichen Tauffe. Matth. 3. v. 11. und folgend zum dritten lehret und ist sie mir ein Zeichniß meines Glaubens. Col. 2 v. 12. Die 13te Frag: Es fraget sich an den Lehr-Jünger / wie du solche nützliche Lehre aus der H. Tauff-Ordnung Christi zu wissen bekommest? Ich bekenne durch meinem Glauben / daß ich solches zuwissen bekomme von des Herren Wegbereiter Esa. 40. v. 1. Johanne den Täuffer / da er saget: Ich tauffe euch mit Wasser zur Busse. Matth. 3 v. 11. etc. Die 14te Frag: Es fraget sich an den Lehr-Jünger / ob die Ungläubigen auch den Trost der Seeligkeit haben? Antwort: Ich bekenne durch meinem Glauben; Nein; daß so lange der Mensch durch seinen Unglauben dem alten Menschen lebet / der durch Lüste in Irrthum sich verderbet. Ephes. 4. v. 22. &c. und welcher Mensch im Unglauben verharret / bis zum Ende seines Lebens / so hat er das Urtheil Christi über sich: Wer nicht gläubet / der wird verdammet werden. Matth. 16. v. 15. Die 15te Frag: Es fraget sich an den Lehrjünger / zu was Ende Christus / daß H. Abendmahl hat eingesetzet? Antwort: Ich bekenne dur meinem Glauben in Ihm / daß Ers zu solchem Ende hat eingesetzet / daß ich im Gedächtniß halten soll Jesum Christum der aufferstanden ist von den Todten. 2. Tim. 2. v. 8. Ja/ daß ich woll zusehe / daß das Creutz bey [p. 282] mir nicht zu nichte werde / weil es den Seelen eine Gottes-Krafft ist. I. Cor. 11. v. 18. darumb er mir solches eingedenck machet bey der Einsetzung des H. Abendmahls Luc. 22. v. 19. da Er das Brod nam / dancket und brachs / und gabs ihnen und sprach: Esset / daß ist mein Leib etc. welches mich lehret / daß wenn ich das geseegnete gebrochene Brod / nach dem Befehl des Herren in meine Hand nehme und esse / daß ich zugleich mit dem Munde meiner Seele durch meinem Glauben / des herrlichen reinen Leibes Christi für mich ans Creutz umb meiner Sünden Willen gebrochen / Matth. 27. v. 32. Joh. 19. v. 34. seiner Gemeinschafft und seines Opffers mit theilhafftig werde etc. Die 16te Frag; Es fraget sich an den Lehrjünger: Durch was Mittel Gott die Prediger in seine Gemeine bestelt / nebst auch die Diener oder Diaconen? Antwort: Ich bekenne durch meinem Glabuen / durch ernstlich Bitten / wie mich Christus lehret: Matth. 9. v. 38. Luc. 10. v. 2. Da Er spricht: die Erndte ist groß / aber wenig sind der Arbeiter / darum bittet den Herren der Erndte etc. Die 17te Frag: Es fraget sich an den Lehrjünger / ob Christus auch einig Zeichen der Liebe und Demuth zugebrauchen in seine Gemeine eingesetzet hat? Antwort: Ich bekenne durch meinen Glauben Ja / und daß auf solche Weise / wie michs Christus Joh. 13. v. 5. kund gemacht / daß Er das Zeichen der Liebe und Demuth hat eingesetzt / und selbst an seinen Jüngern gethan / daß Er ihr Herr und Meister ihnen die Füsse gewaschen hat / womit Er seinen Jüngern / und mir nebst allen frommen Gläubigen ein Exempel gegeben und gelehret hat / daß wir uns auch unter einander sollen die Füsse waschen etc. welches ein Trost zur Seeligkeit ist Joh. 17. v. 17. Unserm Herren und Meister zu Ehren / daß er uns mit seinem theuren Blut gewaschen hat von unsern Sünden / und hat uns zu Königen und Priestern gemacht etc. Die 18te Frag: Es fraget sich an den Lehrjünger / auf was Art und Weyse Gott den Ehestand gestufftet hat? Antwort: Ich bekenne durch meinen Glauben / daß Gott allmächtig / den Ehestand auf solche Weise gestifftet hat / ein Männlein und ein Fräulein nach seinem Bilde erschaffen Gen. 1. v. 27. und hat sie geseegnet / so daß der Mann seinen [p. 283] Vater und Mutter verläst / und an seinem Weibe hanget / und sie werden seyn ein Fleisch. Gen. 2. v. 24 &c. Aus dem Matth. 19. v. 5. verstehe ich durch meinen Glauben / daß Christus hiemit das Scheiden abschafft / und den Verfall wiederum zu rechte gebracht / damit daß Er sie auf den Anfang der Schöpffung des Bildnisses Gottes weiset / welches lehret / daß der Mensch durch die Wiedergeburt und Erneurung seines Gemüthes dem Bilde seines Sohnes gleichförmich werde / durch den Glauben in Christo Joh. 3. v. 3. Rom. 12. v. 2. c. 8. v. 19 I. Pet. 1. v. 3. Denn die sind in der Zahl der Geburte Christi / die sich von ihren Sünden durch den Glauben in Christo bekehren / und solche Personen haben Freyheit / ein Mann und ein Weib / einander ehelich zu werden in die Gemeinschafft der Heiligen etc. Die 19te Frag: Es fraget sich an den Lehrjünger / wie du die Macht der Obrigkeit bekennest? Antwort ; Ich bekenne durch meinen Glauben / nach der Lehre Pauli Rom. 3. v. 1. und I. Pet. 2. v. 15. das ich schuldig bin der Obrigkeit Ehr und Gehorsam zubeweisen in allen Sachen die wieder Gottest Wort nicht streiten etc. auch für sie zu bitten nach der Lehre Pauli. I. Tim. 2. v. 2. &c. Die 20te Frag: Es Fraget sich an den Lehrjünger / ob er auch Freyheit hat / einen Eyd zuschweren? Antwort: Ich bekenne durch meinen Glauben Nein: und das darum / weil Christus mich selbst ernstlich vorbothen Matth. 5. v. 34. und auch der Apostel Jacobus solches befäsitget hat / in seiner Epistel am 5teh Capitel v. 12. Woraus ich verstehe / wenn ich die Warheit mit Ja das Ja ist / und Nein das Nein ist / ausrede / daß ich dem Eyd damit gnug thun kan. Die 21. Frag: Es fraget sich an den Lehrjünger / ob er auch von Gott Freyheit hat / gegen seinen Feind Rach zuüben? Antwort: Ich bekenne durch meinen Glauben / Nein / weil mir Christus mein Heyland und Seeligmacher solches höchlich verbohten hat. Matth. 5. v. 43. und auch Paulus Rom. 12. v. 19. Die 22. Frag: Es fraget sich an den Lehrjünger: ob Christus auch seiner Gemeine habe gegeben den Ungehorsam zustraffen? Antwort: Ich bekenne durch meinen Glauben / den Christlichen Bann darzu zu seyn / daß Christus seinen Aposteln gegeben hat / als ein Schlüssel des Himmelreichs. Matth. 16. v. 19. und Matth. 18. [p. 284] 14. hier findet sich / daß Christus seiner Gemeine / Macht habe gegeben / den ungehorsamen Bruder zu binden / welches auch also im Himmelreich gebunden ist / mit Straffe zur Besserung / und nicht zum Verderben aus der Gemeine zuthun / und ihn zu halten wie einen Zöllner und Heyden. Matth. 18.18. 2. Cor. 13 20 I. Cor. 5. 3. Gal. 6. v. 1. Die 23. Frag: Es fraget sich an den Lehr-Jünger / wann ein Bruder oder Schwester umb ihre Fehl der Sünden von der Gemein bestrafft ist zur Besserung / obs den Brüder und Schwester auch frey ist / mit ihm Gemeinschafft zu haben? Antwort: Ich bekenne durch meinen Glauben / Nein / und das darumb / weil Paulus an unterschiedenen Orten solches lehrt / als: 2. Trefs. [sic] 3. 14. und I. Cor. 5. 11. welches mich alles lehret mit den Bestrafften nichts zu thun zuhaben. Doch daß ich also mit ihm rede: Gedencke Freund wovon du gefallen bist / daß du die erste Liebe verlassen hast / darum thue Busse etc. Apoc. 1. v. 16. 20. und Apoc. 2. v. 5. Die 24. Frag: Es fraget sich an den Lehr-Jünger / wenn ein Bruder oder Schwester / der von der Gemeine umb seiner Sünde gestraffet ist / durch Busse sich wieder zu Gott bekehret / ob auch ein Fundament ist für die Gemein ihn wieder anzunehmen? Antwort: Ich bekenne durch meinen Glauben / Ja / wenn er seine Fehl durch rechtschaffene Früchte der Busse zu Gott / auf Erden löset / durch sein Leydtragen / so soll es auch im Himmel loß seyn. Matth. 3. 8. Act. 20. 21. Matth. 18. v. 18. 2. Cor. 2. v. 16 &c. Die 25ste Frag: Es fraget sich an den Lehr-Jünger / weil der Mensch sterben muß / ob die Todten auch wieder werden Aufferstehen? Antwort: Weil ich hie keine bliebende Stäte habe / sondern das Zukünftige suchen muß / Hebr. 13. 14. so bekenne und bläube ich / daß dieses mein höchster Trost und Hofnung ist / daß wie Christus gestorben und aufferstanden ist / ich am Jüngsten Tage auch aufferstehen werde. I. Thess. 4. 14. Coloss. 1. 10. I. Thess. 4. v. 14. 16. Wozu ich mich schuldig erkenne in diesem Leben / daß ich mich durch meinen Glauben in Christo vor hier zu bereite / daß ich durch Busse meiner Sünden absterbe / und Gott lebe in Christo Jesu / unserm Herrn Rom. 6. v. 11. und so die fröliche Stimme meines Aufferweckens oder Verwandelung warte. [p. 285] I. Cor. 15. v. 51. Joh. 5. 28. Dan. 12. v. 12. I. Cor. 15. v. 52. 2. Cor. 5. 10. &c. Die 26ste Frag: Es fraget sich an den Lehr-Jünger / ob er die Gnaden Gaben von sich selbst habe? Antwort: Ich bekenne durch meinen Glauben Nein; sonder daß ich von mir selbst ohne Christo michts thun kan. Joh. 15. v. 15. Darumb gebe ich Gott allein die Ehre / der mir durch seine reiche Barmhertzigkeit aus Gnaden seelig macht / durch den Glauben in Christo Jesu etc.

            §. 6. In diesen Sätzen finden wir nichts von der Erbsünde Footnote / weil sie sagen das alle Menschen im Stande der Gnaden und Versöhnung mit Gott gebohren / und auf die Welt gebracht werden / daß sie aber von Jugend auf böse sind / kommet her aus der sündlichen Nachfolge des Adams oder Even. Dieses drucken sie abermahls nicht deutlich aus / sondern verdecken es oder übergehen es. Solches können wir sehen aus der ersten Frage ihres geschriebenen Catechismi / woselbsten stehet: Es fraget sich an den Lehr-Jünger / was seine antreibende Noth ist / daß er sich zu Gott will bekehren? Antwort: Ich gläube und bekenne zum ersten / daß ich mit meinen vielfältigen Sünden / wie Heva Gen. 3. von dem vergohtenem Baum nebenst auch wie Achan. Jos. 7. desverbanneten angreiffen und nach den Lüsten meines Fleisches in Augenlust / in Fleisches-Lust / welches vielerley Art zur Sünde seyn / und in ein Hoffärtiges Leben gewandelt habe / wovon der Apostel Johannes in seiner ersten Epistel am 2. Cap. v. 16. Zeugniß giebt / daß solches nicht vom Vater ist / sondern von der Welt / und die Welt vegehet [sic] mit ihren Lüsten / woraus ich verstehe / daß ich durch meine begierliche Sünde / von meinem Gott geschieden sey / wie mir der Prophet Esaias in seiner Weissagung am 59. v. 2. davon Gezeugniß giebet / so daß ich dadurch den Zorn Gottes auf mich geladen habe in meinem Unglauben / wie mich der Apostel. Coloss 3. v. 6. solches lehret.


Bekräfftigung des Lehrjüngers seine Antwort:


            Dieweil du solches verstehest / und durch deinen Glauben aus H. Schrifft bekennest / daß du durch deine begierliche fleischliche Lüsten / die wieder die Seele streiten gelebet hast / I. Pet. 2. v. 11. welches [p. 286] ist Abgötterey / umb welcher willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Unglaubens. Colos. 3. 5. v. 6. sattsam ersehen kanst / daraus sich befindet / daß du in Sünden tod bist / sondern auch unrechtfertig. I. Pet. 3. v. 18. Gottloß und ein Feind Gottes / so lange du in Sünden lebest / Rom. 5. v. 7. Daraus du unklar kanst ersehen nebst deiner Antwort / daß deine antreibende Noth eine wichtige Ursach ist / daß du dich zu Gott bekehrest.

            In diesem Worten bekennet zwar der erwachsene und zur Taufe bereitete Lehrjünger / daß er nach den Lüsten seines Fleisches / welche von der Welt herkommen / gesündiget und Gottes Straffe verdienet habe / aber von den kleinen Kindern glaubet kein Mennonist / daß sie wegen der Erbsünde dem Zorn Gottes unterworfen sind Footnote / sondern sie sprechen daß sie in der Unschuld leben / weil sie ohne Sünden gebohren sind / und im Stande der Gnaden leben / deßwegen sie auch nicht nöhtig achten die Kinder zutauffen. Weiter lehren sie / daß die erwachsene zwar durch das Mittel des Wortes Gottes gläuben können / aber den Glauben der Kinder durch das Mittle der Tauffe glauben sie nicht / deßwegen sie auch in der Bekäntniß ihres ersten Artickels von der Tauffe sagen / daß der H. Geist erst komme nach der Busse / und wenn sie getauffet sind mit Wasser / so / daß solche Tauffe denen Bußfertigen sey ein Zeugniß der geistlichen Tauffe Footnote / und auch ein Zeugniß des Glaubens. So sind unter andern ihre Worte / in der Beantwortung der 13ten Frage / wenn sie folgends also schreiben: Ich bekenne durch meinen Glauben mich schuldig durch daß Wasser-Bad im Wort. Eph. 5. v. 26. mich zu beschneiden mit der Beschneidung ohne Hände / durch Ablegung des sündlichen Leibes im Fleisch / welches ist die Beschneidung Christi. Coloss. 2. v. 11. und durch sein geistlich Wasser-Bad im Wort / daß doch durch Christi Befehl / Geist und Leben ist. Joh. 6/64. meinen alten Menschen / der durch Lüste in Irrthum sich verderbet / ablegen. Eph. 4. v. 22. und so Bahne mahcen / die Anstösse aus dem Wege heben. Esaia 57. v. 14. wie Johannes der Täuffer dem Herren den Wegg bereitet. Matth. 3. v. 3. Esa. 40. v. 1. auf daß Christus nach Johanne / daß ist nach gethaner Busse / wie Johannes lehret / durch seinen Geist zu mir einkehren / und mich mit [p. 287] dem H. Geist und Feuer tauffen / wie Johannes sagt: Ich tauffe euch mit Wasser zur Busse / der aber nach mir kommt ist stärcker denn ich etc. Matth. 3. v. 11. Hieraus bekomme ich zum andern mahl durch meinen Glauben / daß Wissen / daß mir die äusserlich Tauffe des Wassers nach gethaner Busse ist ein Zeuge der geistlichen Tauffe / wie auch der Apostel Petrus Act. 2. v. 38. lehret und saget: thut Busse / und ein jeglicher etc. Was nun anlanget zum dritten / daß mir die äusserliche Tauffe ist ein Gezeugniß meines Glaubens / bekomme ich zu wissen / durch meine beytragende Sünde. Matth. 5. v. 4. daß ich unter die Tauffe im Tode Christi begraben / auf das wie Christus ist aufferwecket von den Todten durch die Herrligkeit des Vaters / daß ich auch also in einem neuen Leben wandele. Rom. 6. v. 4. Coloss. 2. v. 12. Und so durch die Tauffe den Bund eines guten Gewissens mit Gott mache / durch die Aufferstehung Jesu Christi. I. Pet. 1. v. 21. mit gutem Willen / so mich von dem Geist Gottes treiben zu lassen / zu der waaren Kindschafft Gottes. Rom. 8. v. 14. so zu leben habe ich ein tröstliches Zeugniß meines Glaubens / daß ich unter die Kinder Gottes gerechnet sey etc.

            §. 7. Von dem H. Abendmahl drucken sie etwas deutlicher ihre Meinung aus / indem sie sagen auf den 2dern Artickel in Beantwortung der 15ten Frag / daß das Abendmahl des Herren nur sey eingesetzet zum Gedächtniß der Gemeinschafft Christi und der Gläubigen / und daß also Christi Leib und Blut nicht gegenwärtig sey im H. Abendmahl sondern / daß / wenn sie das geseegnete gebrochene Brod / nach dem Befehl des Herren in ihrer Hand nehmen und essen / daß sie zugleich mit dem Munde ihrer Seelen / durch ihren Glauben / den herrlichen reinen Leib Christi am Creutz und [umb?] ihrer Sünde willen gebrochen / seiner Gemeinschafft und seines Opffers mit theilhafftig werden. So ist auch der 3te Artickel mangelhafft / in dem sie die Erwehlung der Prediger und Diaconen in Bitte und Gebeth fest stellen / allein die Auflegung der Hände lassen sie bey Anführung der Apostel-Geschicht aus. Das Fußwaschen im 4ten Artickel halten sie vor eine höchstnöthige Sache ihres Christenthums / so das es von ihnen / wenn es die Zeit und Art zulässet / müsse gebraucht und nach dem Exempel Christi gehalten werden. Ferner [p. 287] ist im 5ten Artickel zu bemercken / daß sie diejenigen vor recht Christliche Ehe-Leute halten / welche durch die Busse wiedergebohren sind / und lassen sie gerne zu / wenn sich auch ihre Glaubensgenossen alßdenn erst tauffen lassen / indem sie zur Ehe schreiten oder getrauet werden wollen. Dahin gehen die Worte in der 18ten Frag / wenn unter andern geantwortet wird: Die sind in die Zahl der Geburte Christi / die sich von ihren Sünden durch den Glauben in Christo bekehren / und solche Personsn haben Freyheit / ein Mann und ein Weib / einander ehlich zuwerden in die Gemeinschafft der Heiligen. Was den 6ten Artickel anlanget: so geben sie zwar aller Obrigkeit Ehre / Schoß und nebst dem Gebeth ihre schuldige Pflicht / aber sie halten es nicht vor billig / daß ein Christ nach ihrem Glauben das Ambt einer Obrigkeit bediene / welches sie beweisen wollen aus Joh. 18. 36. Matt. 10. 26. &c. Eph. 4. v. 12. I. Cor. 12. 28. Joh. 6. 15. &c. solches alles aber hat weitläufftig [sic] wiederleget D. Joh. Müllerus cit. loco. Daß sie zum Eyde auch alsdenn nicht können gebracht werden / wenn sie von der Obrigkeit dazu erfordert werden / es sey denn gezwungen / lehret die Erfahrung und auch ihr 7der Artickel in der 20sten Frage ihres Catecismi. Und ob sie auch zwar in der 21sten Frage lehren daß man nicht Rache üben soll / so verschweigen sie doch dabey ihre feste Meinung / daß es unrecht sey einige Kriege zu führen / und weil sie im 9den Artickel und in der 22sten Frag den Bann behaupten / welche zur Besserung des Sünders soll gebrauchet werden / so verwerffen sie verdeckt den Satz / daß man keinen Missethäter am Leben straffen soll. Dazu denn auch gehöret ihr 10ter Artickel von Entziehung der Abfälligen / denn das ist der Nachdruck des Bannes / und die völliger Gnugthuung vor die Missethat. Deßwegen auch bald daruf der 11. Artickel handelt von Wiederannehmung der Bußfertigen. Ob endlich auch unsere Wiedertäuffer im Werder nicht glauben mögen / daß die Seelen der Menschen nach dem Tode schlaffen / und daß die Gottlosen in der Erde / wo nach ihrer Meinung die Hölle seyn soll / ewig sollen gequälet werden / kan ich nicht in Abrede seyn / weil ich keinen rechten Bericht davon abstatten kan / zumahln es aus dem 12ten Artickel / und dessen Entscheidung in der 25ten Frag und Beantwortung nicht füglich mag gehoben werden.

            [p. 289]§. 8. Ausser diesen Artickeln bemercket offtbenannter D. Joh. Müller noch andere Sätze / welche sie vor genehm halten sollen / als man soll in Bestallung des Predigt-Amts sich nicht kehren zu solchen Leuten / welche klappen und disputiren können / ,, und solches sollen sie behaupten aus der I. Tim. 1 v. 10. 2. Cor. 4. v. 2. 2. Cor. 2. v. 17. und I. Tim. 6. v. 5. Auch nicht zu solchen Leuten welche auf hohen Schulen nach menschlicher Weißheit gelehret sind welches sie abermahl beweisen wollen aus der I. Cor. 2. v. 4. I. Cor. 1. v. 17. Esa. 33. 18. und Coloss. 2. v. 8. Solches kommt mit der Erfahrung überein / denn ihre Vermahner und Aeltesten / sind entweder Handwercks-Leute / oder haben einen Krahm / kommen auch nicht viel unter die Leute / geschweige das sie mit jemanden von ihrem Glauben disputiren solten / sie bekommen auch von der Gemeine kein gewisses Salarium, sondern leben von ihre Handthierung / und drum setzet auch Hr. D. Müller unter ihren Meinungen diesen Satz: Man sol die Prediger nicht besolden / sonder sie sollen sich selbst ernehren welches sie behaupten aus dem Matth. 10. 8. I. Pet. 5. 2. Ezech. 34. 3. und I. Cor. 9. 12. Ferner lehren sie auch / daß man die sträflichen Prediger nicht hören solle / denn ihr Amt sey unkräfftig | weil Christus sagt: An ihren Frucht solt ihr sie erkennen. Matth. 7. Solches ist zwar aus ihren Confession und Catechismo nicht zu ersehen / doch zeuget davon der Vermahner ihr eingezogenes Leben und auch die Worte die sie im 5. Cap ihrer Confession von dem Ambt der Lehrer aus I. Tim. 3. v. . und Tit. 2. v. 7. anführen / doch verschweigen sie / daß ihr Amt deßwegen unkräfftig sey. Auch find ich nicht den Satz bey ihnen / daß Christus ein neuer Gesetz-Geben sey / doch lässet sich solches nicht unfüglich schlüssen aus der Beantwortung des 5ten Artickels in der 8ten Frag / woselbsten diese Worte stehen: Es find sich aber / daß diese Stifftung Gottes (sie werden seyn ein Fleisch. Gen. 2. v.24) bey Mosis Zeiten in eine grosse Unordnung gefallen ist / so daß wenn der Mann ein wenig Unlust wieder sein Weib hatte / so gab er ihr bald einen Scheide-Brieff in die Hände / und ließ sie weiter passiren, Deut. 24. v. 1. Womit die Phraisäer Christum versuchten und sprachen zu Ihm: Ists auch recht / daß sich ein Mann von seinem Weibe scheide umb irgend [p. 290] einer Ursach / Christus sprach zu ihnen also: habt ihr nicht gelesen / daß ein Mann und Weib seyn solte / und daß sie nicht zwey sondern ein Fleisch seyn / was nun Gott zusammen gefüget hat / daß soll der Mensch nicht scheiden. Matth. 19. v. 5. Hieraus verstehe ich (sprechen sie weiter) durch meinen Glauben / daß Christus hiemit das Scheiden abgeschaffet und dem Verfall wieder zurechte gebracht etc. Abermahl zeigen sie solches in dem 12ten Capitel ihrer Confession vom Eydschweren / wenn sie also schreiben: Verstehen und bekennen wir / daß um eine Sache die in Wahrheit bestehet / den Vätern des alten Testaments zugelassen war einen Eyd zu thun / bey dem Nahmen Gottes (Deut. 6. v. 13. c. 10. v. 20.) Aber der Herr Jesus / der Sohn des lebendigen Gottes / der König / Stiffter und Einsetzer des Neuen Testaments (I. Tim. 6. v. 15.) an dessen Geboth wir durch sie eine Stimme vom Himmel verpflichtet und verbunden sind zu hören (Matth. 3. v. 34.) hat den Gläubigen allerley Eydschweren verbothen. etc.

            §. 9. Ihren Gottes-Dienst / Cærimonien. und Weyse anlanget / so ist mir so viel wissend / daß sie ihre Versammlungen oder Vergaderungen durch ihre Vermahners anstellen / welche ihre Lehrer sind / sie haben auch Diaconen, die ihnen zu Tische dienen / oder bey dem Abendmahl Handreichung thun / und wegen der armen Casse in Einnahme und Ausgabe besorget sind. Ihr Bischoff giebet Achtung / daß in ihrer Gemeine alles nach ihren Gesetz richtig zugehe. Der Vermahner prediget mehrentheils in Holländischer oder niederdeutscher Sprache / und sie erwehlen zu ihren Zusammenkünfften / entweder zur Winters-Zeit grosse Stuben in den Höffen / oder im Sommer gute Scheunen und grosse Küh-Ställe / welche sauber gereiniget / und mit grünem Kraut ausgelaubet werden. Der Vermahner / wenn er prediget / stehet ins gemein an dem Rücken eines breiten Lehn-Stuhls / oder bey den Clarcken sitzet er auf einem grossen Lehn-Stuhl und die Zuhörer sitzen umb ihn herum. Die feine Manisten singen nicht / sondern sitzen still in ihrer Andacht bis die Vermahnung angehet; die Groben hingegen singen Psalmen und andere Lutherische Lieder. Ihre Predigten sind offt sehr land / weil es nichts ungewöhnliches / daß eine Vermahnung auf 3. Stunden verzogen wird.

            [p. 291] §. 10. Die Tauff-Cærimonien der Mennonisten sind beßhero in den Werdern noch ziemlich unbekannt / mögen sich auch nicht weiter erstrecken als in einer Vermahnung an diejenigen welche sollen getauffet werden / und in der Verhörung ihrer Glaubens-Artickel nach Anleitung ihres Catechismi. Es wurde mir zwar von einem gewissen Beambten aus Tiegenhoff Anno 1701. erzehlet / daß sie tauffen solten im Nahmen Gottes des Vaters / durch den Sohn / im den H. Geist. Allein ich finde ein anders in ihrem Catechismo in der 13den Frag von der Tauffordnung / da der Lehrjünger zuletzt also antwortet: Auf solchen Glauben an Jesum Christum / und seine Lehre / durch den Bund eines guten Gewissens mit Gott zu behertzigen und zu beleben / begehre ich getauffet zuseyn / im Nahmen des Vaters / und des Sohnes / und des Heil. Geistes. Von der Verreichung des Abendmahls habe ich diesen Bericht von denen empfangen / die ehmahls aus Vorwitz etliche mahl in ihrer Versammlung gegangen / und ist es dieser: Der rechte Vermahner (bey den groben Mannisten) thut eine Vermahnung zur Busse / und lehret sie von dem Nutzen des Leydens Christi / und in dem der 119te Psalm gesungen wird / stehet der Vermahner / vor den mit einem weisen Lacken bedeckten Tisch / worauf Weitzen-Brod lieget in zertheilten Kugelchen / doch in einer langen Reyge anhangend / gebacken / solche Reyge Weitzen-Brod nimmt er / bey einigen Worten / die man unter dem Gesang nicht woll vernehmen kan / unter seinen lincken Arm / und bricht ein Stück nach dem andern ab / und giebt es denen nacheinander in die Hand / die zu ihm an den Tisch kommen / bis sie alle das Brod empfangen haben / die Worte er dabey spricht / sollen etwa diese seyn: Nehmet en etet / dat es de Gemeenschafft des Lichams Jesu Christi / tot sinem Gedachtniß. Die Communicanten nehmen also das gebrochene Brod in ihr reines Schnupfftuch / und gehet ein jeder an seinen vorigen Ort sitzen / und isset mit grosser Behutsamkeit. Hiebey fraget der Vermahner: Ob sie alle gegessen haben? und dann antwortet einer von seinen Diaconis (derer zwey bey ihnen stehen /) sie hebben gegeten. Und hierauf bringen diese Diaconi 2. oder 3. silberne Becher / welche von dem Vermahner gesaubert / und mit Wein / [p. 292] nebst Sprechung einiger Worte / gefüllet werden: Solcher Becher mit Wein geben die Diaconi einer jeden Banck einen / und sie trincken ale / ohne einige Wortsprechung / und singen dann zuletzt den 163. Psalm. Von den feinen Manisten ist mir dieses Anno 1714. erzehlet worden / von einem der offt in ihrer Vergaderung gewesen; nemlich es redet der Vermahner diejenigen an / welche das Liebesmahl zusammen genüssen sollen / und ruffet sie bey ihrem Nahmen / als Broder Isaac / Broder Jacob etc. und spricht / sie solten von dem auffgelegten Weitzen-Brod etwas abbrechen / in die beygesetzte Kummen Milch eintuncken / und solches essen / solches würde ihnen wol bekommen; doch solten sie alles quate oder böse bey seite setzen oder aus ihrem Hertzen ablegen / und hierauf setzen sie sich alle um den mit dem weissen Laacken bedeckten Tisch / und da ein jeder etwas eingetuncktes Brod und Milch genossen / behtete ein jeder fachte [?] etwas / brocken den übrigen Semmel in die Milch / und essen davon ein jeder etwa 3. oder 4. Löffel voll; und nach dem Essen fängt ihnen der Vermahner etwas an zu erzehlen; da denn viel Haus-Regeln vom Gesind und Vieh mit unterlauffen und dann gehen sie ungesungen von einander. Ich haber aber Anno 1715. mit einem feinen Mennoisten [sic] / dessen Vater ehemahls Vermahner gewesen / selbst geredet / der solches leugnete.

            §. 11. Wenn ein Paar soll getrauet werden / thut der Vermahner eine Rede / und giebt sie zusammen / im Nahmen Gottes des Abrahams / Isaacs / und Jacobs. Die feine Mennonisten müssen nach der Trauung den alten graubärtigten Vermahner / zum Zeichen der geistl. Vermählung der Seelen mit Christo / küssen / und mit aller Ehrerbietigkeit abtreten. Wenn die Mennonisten sterben sollen / so singen die Haußgenossen mehrentheils allerhand Lutherische Sterbens- und Todten-Lieder / und wenn der Mensch gestorben / kleiden sie ihn nach ihrer Weyse gar schlecht / doch zierlich an / und begraben ihn alsdenn auf den Catholischen Kirch-Hof ohne Gesang und Klanck / doch daß dann und wann auf dem Kirchhoff eine kleine Dancksagung geschicht. Die Erde müssen sie den Catholischen Priesten an etlichen Orten sehr theur mit einigen Reichsthalern bezahlen.

            [p. 293] §. 12. Sonst halten sie scharffe Auffsicht in den Sitten / und werden die Verbrecher / mehrentheils bey ihrem Bischoff / welcher der Aelteste und Erfahrenste unter ihnen ist / abgestraffet / auch wol / wenn das Verbrechen groß ist / aus der Gemeine gebannet / welches sie von der Gemeine absetzen nennen / und dann muß er nicht in die Gemeine kommen / niemand gehet auch mit dem Abgesetzten um / bis er öffentliche Zeichen der Besserung weiset. Man saget / daß die einmahl von ihrer Gemeine abtrünnig geworden / und wieder zu ihnen treten wollen / unter ein grosses Butter-Faß zur Straffe gestecket werden. Ich halte aber davor / daß es eine Art vom Spanischen Mantel seyn müsse. Ihre Glaubens-Genossen lassen sie nicht Noth leyden / sondern helffen ihnen in ihrer Armuth aus dem so genannten blauen Beutel / welches sonst die Armen-Casse ist / die mit der Zeit von den gemeinen Kirchen-Gefällen gestifftet ist; dahero / weil sie dabey sparsam und eingezogen lebel / sind sie mehrentheils wolbemittelte Leute. Doch sind sie darinnen sehr hinterlistig und betrüglich / daß da sie im Marienburgischen Werder viel Lutherische Höffe und Huben an sich gekaufft haben / auch in den Kauff-Brieffen ausdrücklich berahmet ist / daß sie den Lutherischen Kirchen-Bedienten / den Decem, Calend, und Wittel-Tag / wie vor als nach ohne Abgang reichen sollen / dennoch solches nicht halten / und noch wol durch viele Processen sich bey der hohen Obrigkeit zu Tiegenhoff und Bährwalde dessen gäntzlich zuentschütten suchen / um deßwillen spendiren sie viel Geldes / nur das sie solcher Auflagen mögen befreyet seyn. Doch sind die Lutherische Kirchen-Bediente in dem Tiegenhöfischen von der hohen Obrigkeit jederzeit geschützet / und bey ihrem Recht erhalten worden / als Ao. 1676. den 17. Junii, bey Regierung des hochmögenden Hr. Hauptmanns Gembecki / und Anno 1701. den 27. Maji durch das Decret Sr. Eminenz Hrn. Cardinals und Primatis Regni, Mich. Radziowski zu Lowitz. Und da das Decret zu keiner Execution, auf der Mannisten Seite / gelangen mochte / hat sich der Lutherische Prediger / Gottschalck Steinböhmer von Marjenau / bey dem Hrn. Obristen Eckeblad und Commendanten zu Elbing supplicando angegeben / und um Schwedische Execution gebehten / welcher er auch Anno 1708. erhalten / doch so / daß er [p. 294] nur von einigen Jahren etwas erhielte. So ist es aber im Dantziger und Elbingschen Werder nicht beschaffen / denn da müssen die Mennonisten denen Lutherischen Kirchen-Bedienten alle Accidentien ohne Murren und Wiederstrebung entrichten. Im Bährwaldischen geben auf gute Ordre der gnädigen Herrschafft die Mennonisten Decem, Calend, und Wittel-Tag / aber die Accidentien von Trauung und Begräbniß sind Anno 1698. abdividiret. Doch geschahe es nachgehends Anno 1717. den 8. Jan. bey der Regierung des Hrn. Grafen von Finckenstein / daß die Accidentien dem Prediger zugesprochen wurden (1.) Weil die Mennonisten kein schrifftliches Decret von der Frau Obristen Winterin auffzuweisen hatten. (2.) Weil schon Anno 1639. die Accidentien sind gegeben / Anno 1664 den 17. Maji das Priester-Gehalt ist renoviret, und Anno 1692. den 13. Decembr. [sic] abermahl bekräfftiget worden. Die Mennonisten brachten zwar eine Schrifft hervor / darinnen sie der Bischoff Potocki so wol von besagten Accidentien, als auch anderen Hoff-Scharwercen freygesprochen / aber er wurde rejiciret.

            §. 13. Zu der Lutherischen Evangelischen Religion werden die Mennonisten nicht eben häuffig bekehrt / doch haben wir unterschiedene Exempel / derer die im Neuteichischen / Schönbergschen und Marienburgschen Kirchspielen sind bekehret worde. Als Anno 1652. ist eine Mennonisten Päurkin / des Johann Thiessen Ehe-Weib / confirmiret worden von Hr. Burchardo Baumanno, Prediger in Neuteich Footnote mit Aufflegung der Hand / nach der Information des Hrn. Reneccii, weil sie schon getauffet war. Anno 1653. ist auch ein Mannistisches Weib von 60. Jahren in Neuteich / von obgedachtem Hrn. Baumanno getauffet worden. Anno 1665. ist ein Knab von 10. Jahren / dessen Vater erst Mennonistisch gewesen / hernach aber Lutherisch geworden / doch diesen seinen Sohn noch nicht hatte tauffen lassen / nachdem er in dem Grunde der Christlichen Evangelischen Religion von Hrn. Laurentio Fischero, Past. Neotych. vorhero unterrichtet war / Dom. 14. post Trint. auf den Raht-Haus / wo der Gottes-Dienst gehalten wird / nach der Predigt / vor dem Altar getauffet worden / und zwar auf solche Weyse. Anfänglich sind die 3. letzten Verse aus dem Lied: Christ unser Herr zum Jordan kam / gesungen; hernach [p. 295] nach vom wolgemelden Hrn. Fischero eine Sermon gehalten worden ex Act. 1. v. 15. ad 26. und nachdem heirauf ein Gebeth gehalten war ex Act. 2. v. ult. daß der Herr hinzuthun wolte täglich die da seelig werden / auch dabey Gott gedancket vor die Erleuchtung dieses Knaben / der Matthias genennet wurde / welchen Gott in seinen Gnaden-Bund erhalten solte / ist er wircklich getauffet / und der Tauff-Actus geschlossen. Anno 1655. den 19. Novembr. [sic] hat Hr. Johann Baumannus, Prediger in Marjenau / einen Mennonistischen Jüngling / Nahmens George Wechelburg / bey sich in der Stuben getaufft. So hat auch Hr. Jacob Hillert / Prediger zu Marjenau einen Jungen von 17. Jahren / nach vorhergehender Information in der Kirchen getaufft. Es sind auch noch andere mehr aus der Mennonostischen Sect getauffet worden / welche wir aber / nebst denen die Anno 1705. und 6. in Marjenburg und Schönberg sind getauffet worden / mit Fleiß übergehen.

            §. 14. Anno 1704. warffen sich eine Art Quäcker auff im Tiegenhöffischen Gebeit / die sich Ecclesiasten wolten genannt wissen / und waren deren Anführer ein Schneider und Mäurer / welche an den Lutherischen Predigern strafften / daß sie die Confitenten ohne Unterscheid / zur Beicht / zum Tische des Herren / und zur Tauffe annehmen / da sie sich doch nicht besserten / und darum wolten sie nicht mehr in die Lutherische Gemeine gehen / fingen auch an ihre eigene Versammlungen anzustellen / und die ordentliche Prediger bey dem gemeinen Volck auff das äusserste zu verunglimpffen; zumahlen / weil sie nicht zu Fusse giengen / wie ehmehals die Apostel / sondern Pferd und Wagen gebrauchten / item, daß sie die Sünder nicht ausbanneten / Kinder tauffeten / von dem tausendjährigen Reich nicht predigten etc. und damit sie in ihren Versammlungen die Einfältigen zur Andacht bewegen / und ihre Gottesfurcht auspreisen / auch andere allgemach zur Quäckerey anführen möchten / hatte der Schneider / der einen sonderlichen Geist haben wolte / ein Lied Gesprächs-Weyse gemacht / und es also mit Versen eingerichtet:

[p. 296]

Ein Lied im Thon: Vater Unser im Himmelreich/ etc.

Der Schüler

                        1.         O Herr thu auf mein Hertz und Sinn;

Und schreib den G’setz und Word darinn/

                                    Wie sind wir Menschen so verkehrt;

                                    Wer Dich nicht hört / bleibt ungelehrt;

                                    Wo Du nicht in dem Hertzen bist /

                                    Da bleibt man ungelehrt gewiß.

Der Meister.

                        2.         Diß hat uns Gott zu wissen gethan;

                                    Daß ich die Menschen recht lehren kan;

                                    Wolst du die Augen auf mich schlan;

                                    Ich fing dich auch zu lehren an;

                                    Wolst due dich halten wie ich wolt:

                                    Wo du nicht lehrst gib mir die Schuld.

Der Schüler.

                        3.         O! lieber Meister wie ist dein Nahm /

                                    Ich hört von dir ein gute Fahm /

                                    Du hast alls Wissen und Verstand;

                                    Kein Dinge sind dir unbekannt;

                                    Du bist des ew’gen Vaters Sohn:

                                    Was man den bitt / das wilt du thun.

Der Meister.

                        4.         Mein Nahm der heisset Jesus Christ /

                                    Der mit dem Vater vereiniget ist;

                                    Was ich dich lehr / daß ist sein Raht /

                                    Wer mich veracht / hat ihn verschmaht /

                                    Er ist auch täglich da ich bin /

                                    Wir lehren beyd durch einen Sinn.

Der Schüler.

                        5.         Bist du der einig Meister gut /

                                    Der uns mit Sanfftmuth lehren thut;

[p. 297]                       So sag mir für die letze mein /

                                    Daß ich mag lehren nach deinem Sinn:

                                    Wer dich nicht förcht / bleibt ungelehrt /

                                    Ob er schon allen Fleiß ankehrt.

Der Meister.

                        6.         Wilt du dich von mir lehren lahn /

So must du wahre Demuth han /

                                    Von allem bösen halten dich /

                                    Und stellen dich nicht der Welt gleich;

                                    Wer nach der Wellet Lust will gahn /

                                    Der mag von mir kein Lehr empfahn.

Der Schüler.

                        7.         Das Wort ich in dem G’wissen han /

                                    Wie ichs gesehn geschrieben stahn;

                                    Ich bleib in mir noch unbericht /

                                    Mein finster Hertz sieht gar kein Licht:

                                    Ich komm zum rechten Wissen nicht /

                                    Biß mir der ewig Gott zuspricht.

Der Meister.

                        8.         Bezwing den Fleisch / nimm in den Zaum /

                                    Böß Früchte melden den bösen Baum /

                                    Der Baum steht auf der Höllen-Pfort /

                                    Nun rot ihn aus / und setz ihn fort;

                                    Du must mit eingepflantzet seyn /

                                    Od’r magst nicht kommen da ich bin.

Der Schüler.

                        9.         Wie bin ich noch so ungelehrt /

Ich hab gemeint ich bin bekehrt /

                                    Ich bin fürwar ein armer Mann /

                                    Ich bit dich Herr / lehr mich forthan /

                                    Auf das ich doch ein wenig kan /

                                    Eh ich zu meinem Vater gahn.

[p. 298]

Der Meister.

                        10.       Du must von neum gebohren seyn /

                                    Im rechten Wesen und nicht im Schein /

                                    Du must abkehrn deinen bösen Muth /

                                    Die Geburt kommt nicht vom Fleisch und Blut;

                                    Sie kommt vom ewg’n Vater her /

                                    Da all gut Gaben kommen her.

Der Schüler.

                        11.       Ich empfind mein Noth und Gebrech /

                                    Daß ich noch tieff im finstern stech;

                                    Nun wol mich Gott der Herr bekehrn /

                                    Daß ich mich selber mag probirn;

                                    Das wir erkennen wer wir sind;

                                    Dann all unsr thun für Gott noch stinckt.

Der Meister.

                        12.       Nun leg von dir Gutdünckenheit /

                                    Das manchn in dieser Zeit verleit /

                                    Daß er vermeint / er habs gewiß /

                                    Das ihm noch nicht gegeben ist;

                                    Wer sich läst düncken er weiß es wol /

                                    Der weiß nicht wie man wissen soll.

Der Schüler.

                        13.       O Herr / wie rührst du mich so sehr /

Du kenst das sündig Hertz im mir /

                                    Mein Geist ist schwach mach ihn gesund /

                                    Du kanst mich lehrn in einer Stund /

                                    Das ich im rechten Wissen stahn /

                                    Daß ich nach deinem Willn möcht gahn.

Der Meister.

                        14.       Nim kein fleischlich Freyheit an dich /

                                    Damit du nicht erzürnest mich;

                                    Dem Fleisch gebührt nichts denn sein Noth /

                                    Der Uberfluß der Seelen Todt;

[p. 299]

                                    Kein Mensch von Gott gefreyet ist /

                                    Mehr zu brauchen dann die Nothdurfft ist.

Der Schüler.

                        15.       Wie soltn wir Menschn diß können verstahn /

                                    Das Fleisch / das hat gern wolgethan;

                                    Es lebt so gern in Uberfluß /

                                    Ders’ darbt möcht bringen / wehr sehr gut /

                                    Daß man in aller Zucht möcht gahn /

                                    Und geb dem Armen auch davon.

Der Meister.

                        16.       Liebs Kind / hüt dich für Eigenlieb /

                                    Die steckt noch in dein’m Hertzn so tieff;

                                    Die Schrifft die lehrt dich überall /

                                    Daß man den Armen geben soll;

                                    Wer sein Ohrn von dem Armen kehrt /

                                    Der denck nicht / daß er von mir lehrt.

Der Schüler.

                        17.       O lieber Meister und mein Herr /

                                    Möcht ich doch allen Fleiß ankehrn /

                                    Diß Letz (Lection) die ist mir viel zu schwar /

                                    Ich lehr sie nicht in Hundert Jahr /

                                    Wo du nicht täglich bey mir bist /

                                    So bleib ich ungelehrt gewiß /

Der Meister.

                        18.       Liebs Kind / ich wils nicht hinderlahn /

                                    Du must auch offtmahls zu mir gahn /

                                    Kommst du bey mich / ich komm zu dich /

                                    Was du nicht weist / daß lehr ich dich;

                                    Dann wirst du weiß und wollgelehrt /

                                    Wenn nur dein Hertz zu Gott bekehrt.

Der Schüler.

                        19.       Lob / Ehr / und Preiß sey dir gesagt /

                                    Du hast mir viel Trost zugebracht;

[p. 300]

                                    Nun thu mich zu dem Lichte ziehn /

                                    Daß ich mein Finsternis mag sehn;

                                    Ach wer ich dieser Bitt gewerth.

                                    So hab ich was mein Hertz begehrt.

Der Meister.

                        20.       Libes Kind / hast du nicht hören sagn /

                                    Daß ich keinn Menschen laß verzagn;

                                    Die in dem guten Willen stahn;

                                    Im wahren Glauben zu mir gahn;

                                    Treten von Sünden zu der Buß /

                                    Ubr die ich mich erbarmen muß.

Der Schüler.

                        21.       Dein Wort stehn mir wol in dem Sinn /

Weil ich ein armer Sünder bin;

                                    Das ist mein Noth und Klagen all /

                                    Wie ich davon abkommen soll;

                                    Ich weiß fürwahr und bins gewiß /

                                    Daß die Sünd dir sehr zu wieder ist.

Der Meister.

                        22.       Ich hab dich lang und viel bericht /

Gang du nun hin / und sey ein Licht /

                                    Was du von mir je hast gehört /

                                    Daß sag doch andern Menschen fort;

                                    Und hilff vermehrn des Vaters Reich /

                                    Alls was ich hab / ist mit für dich.


            §. 15. Dieses einige ist es / was ich damahls von der neu aufgeworffenen Quäcker Lehr hab erhalten können / und ersehe daraus / daß der Meister dieses Liedes seine Schüler von Anfang habe anführen wollen zum Gespräche mit Gott / und daß sie auch nicht durch ordentliche Mittel die rechte gründliche Wissenschafft erhalten könten / sondern auf übernaturliche Maaß und Weyse: Deswegen auch der Schüler im 7ten vers also sagt:

                                    Ich komm zum rechten Wissen nicht /

                                    Biß mir der ewig Gott zuspricht.

[p. 301]

Weiter seh ich daraus / daß er die göttliche Lehre und Gemeimniß nicht allgemach lernen dörffe / sondern er könne sie durch übernatürliche Außgiessung des H. Geistes / wie die Apostel / in einer Stunde lernen; deßwegen auch / im 3ten Vers, der Schüler spricht:

            Mein Giest ist schwach / mach ihn gesund /

            Du kanst mich lehrn in einer Stund.

            Und weil auch die Quäcker nach ihrer Einbildung nichts mehr begehren / Footnote alß daß sie von dem ewigen Licht innerlich möchten erleuchtet werden / so spricht der Schüler im 19ten Vers:

            Nun thu mich zu dem Lichte ziehn /

            Daß ich mein Finsterniß mag sehn;

            Ach! wär ich dieser Bit gewährt /

            So hab ich was mein Hertz begehrt.


            Der andern Eigenschafften / als: daß sie die ordentliche Priester und Gemeinschafft der Gläubigen verachten / selbst Versammlungen anstellen / sich vor vollkommen schätzen / wenn sie einmahl Busse gethan haben etc. zu geschweigen / so sind sie auch zu der Zeit von denen nach bey anwohnenden Lutherischen Priestern eingetrieben / und von der Tiegenhöffischen Obrigkeit zerstreuet worden.

            §. 16. Anno 1713. den 17. Aug. wurde mir zu Bahrenhoff ein gemeiner Arbeits-Kerl mit Nahmen Woyke zugeführet / der in 10. und mehr Jahren nicht zur Kirche und zum H. Abendmahl gegangen / und auch den Nahmen hatte / daß er ein Quäcker wäre. Als ich denselben um die Ursach seiner Nachläßigkeit fragte / sagte er / daß er mit gutem Gewissen in die Kirche nicht gehen könte / weil so viel gottlose Leute in der Gemeine wären / die sich nicht bekehren wolten / und ob sie schon zum H. Abendmahl gingen / besserten sie sich doch nicht. Es wäre ja genug / daß er mit wahrem Glauben Jesum im Hertzen hätte / der spricht zu einer gläubigen Seelen: Siehe ich stehe vor der Thür / und klopffe an / so jemand meine Stimme hören wird / zu dem will ich eingehen / und das Abendmahl mit ihm halten / und er mit mir. Es wäre auch genug / daß er das Wort Gottes zu Hause lese: denn der H. Geist wäre sein Lehrer / [p. 302] der predige in seinem Hertzen / und also wäre er ein Tempel und Wohnung des H. Geistes. Wäre es also nicht nöhtig / daß er in die Kirch und zum H. Abendmahl ginge / weil er zu Christo bekehret wäre / und glaube gewiß / daß Gott in ihm wohne. Solches sprach er mit grosser Andacht / und beklagte mit vielen Thränen / daß die Leute in der Gemeine Christi sich nicht bekehren wolten. Allein ich antworte ihm hierauf: (1.) Daß es nicht gnug wäre zu sagen / daß man ein Tempel und Wohnung Gottes wäre / sonder er müsse sich auch prüffen / ob er auch die Eigenschafft an sich hätte / die ein gläubiges Kind Gottes an sich haben müsse. Denn ein gläubiges Kind Gottes verachtet nicht die Mittel zur Seeligkeit / als da sind das gepredigte Wort Gottes / und den rechten Gebrauch der H. Sacramenten / sondern nimmt sie gerne an. In dem Absehen hat König und Prophet David / obgleich er ein Mann nach dem Hertzen Gottes war / und der H. Geist in ihm wohnete / die Versammlung der Gemeine Gottes nicht verlassen / sondern er hat jederzeit / ein grosses Verlangen darnach getragen / indem er sprach: Eins bitt ich vom Herrn / daß hätt ich gern / daß ich im Hause des Herrn bleiben möge mein Lebenlang / zu schauen die schöne Gottes-Dienste des Herren / und seinen Tempel zubesuchen. Es hätte dieser grosse Prophet auch sagen und einwenden können: Was bin ich in der Versammlung der Gemeine nütze / da sind so viel gottlose Juden / die sich nicht bekehren wollen / und ich soll unter diesen gottlosen Hauffen gehen / da ich ein Heiliger Gottes bin? Ich kan ja wol zu Hause das Gesetz Gottes lesen / und mich daraus erbauen / ich darff eben nicht in die Hütte des Stifftes gehen / der H. Geist ist schon in meinem Hertzen / und lehret mich. Allein solche Worte redete er nicht / sondern er gient mit grosser Begierde / Verlangen und Andacht in die Hütte des Stifftes / oder in die Versammlung des Herrn und opfferte seinem Gott. Also ist hieraus zu schlüssen / daß du nicht ein rechtgläubiges Kind Gottes bist / weil due die ordentliche Versammlung Christi verlässest / und hältest dich doch vor einen sonderlichen Heiligen. Meynest du daß in der Gemeine des Herrn lauter Heilige seyn müssen / so siehe die Versammlung der Apostel an / ob nicht ein Verrähterischer Judas [p. 303] Ischariot zu finden sey / ob nicht Petrus verhanden der Christum verläugnete / oder ob nicht zänckliche Jünger verhanden sind / die um den ersten Sitz und Vorgang stritten. Also findet man unter der Heerde Christi Schaafe / auch stößige Böcke / und in dem besten Getreyde / finden man unnütze Körner und Unkraut Saamen. Soll man den deßwegen die Versammlung Christi verlassen? Der Meister der Epistel an die Hebräer straffet diejenige Christen billig welche die Versammlung des Herren verlassen. Hebr. 10. Soltest du denn billig auch nicht zustraffen seyn? (2.) Zudem / wo bleibt die Christliche Liebe / welche ist das Band der Vollkommenheit? Du hast die erste Liebe verlassen / und trennest dich von dem Bunde / den du in der H. Tauffe mit Christo und mit unserer Gemeine gemacht hast / und sonderst dich selbst ab / als ein faules Glied / welches die Brüder hasset. Bist du denn also vor ein gläubiges Kind Gottes zu halten? So jemand spricht: Ich liebe Gott / und hasset seine Brüder / der ist ein Lügnee / denn wer seinen Bruder nicht liebet / den er siehet / wie kan er Gott lieben / den er nicht siehet / und dieses Gebot haben wir von Ihm / daß wer Gott liebet / daß der auch seinen Bruder liebe. I. Joh. 4. (3.) Was ist das Abendmahl des Herrn anders / als ein Liebes-Mahl? Christus hat sich selbsten unserer sündigen Seelen zu gut in seinem letzten Testament eingesetzt / und uns befohlen / daß wir seinen Leib und Blut unter Brod und Wein geniessen solten / zur Vergebung der Sünden und zu seinem Gedächtniß; und darum stehet er vor der Thür unsers Hertzens / und klopffet durch heilsame Vermahnungen zur Busse und zum Gebrauch des H. Abendmahls an / auf das wir seine Stimme hören / und Ihn mit wahren Glauben einlassen mögen. Wer nun dieses Mittel der Seeligkeit verachtet / und das H. Abendmahl nach dem Befehl Christi nicht brauchen will / sondern er meinet / Christus werde doch wol zu ihm kommen / der ist noch weit von der rechtgläubigen Schaar / und ist in nicht geringer Gefahr / daß ihn der Satan nicht sichte wie den Weitzen / und er in seiner Sicherheit umkomme. Darum laß ab von deinem Irrthum / nimm an die Mittle der Seeligkeit / und geh als ein gläubiger Christ zum Gehör des Wortes Gottes / und gebrauche dich mit wahrer Busse des [p. 304] H. Abendmahls / so wird dich Christus erleuchten und du wirst den Weg der ewigen Seeligkeit recht ergreiffen. Als er hierauf stutzig wurde / und ich ihn fratete / ob er ins künfftige fleißig in die Kirche / und zum H. Abendmahl gehen würde? Antwortete er mit Ja / und gab mir zwey mahl die Hand darauf: aber er kam nicht wieder / weil er von denen im Tiegenhöfischen und Bärwaldischen Gebiet umtreibenden Quäckern abgehalten war / und sich endlich gar / daß ich ihn nicht mehr fechten möchte / von hier nach dem Preußischen Littauen begeben / wo die Leute Anno 1709. und 10. sehr ausgestorben waren.

            §. 17. In eben demselben 1713. Jahr / wurde mir von Hrn. Obristen Jäßken zugeschickt des Abends um 8. Uhr / ein umschweiffender Quäcker mit Nahmen Joh. Stephan / ehrmahls ein Buchbinder Gesell / der aber wegen Ubersichtigkeit und Schwachheit seiner Augen die Kunst verlassen / und sich darauf geleget hatte / daß er die Leute verwirren / und sich mit seiner eingebildeten Heiligkeit groß machen möchte. Er hielte sich gleich dem Propheten Elia / und meinte er wäre heilig und hätte keine Sünde / deßwegen es auch nicht nöhtig wäre / daß er in die Kirche und zum H. Abendmahl gienge. Er hielte die H. Schrifft zwar hoch / aber sie müste erkläret werden durch unmittelbare Eingebungen Gottes. Die Träume und Erscheinungen wären so schlechterdings nicht zuverachten. Die Prediger thäten nicht recht / daß sie in der Kirche singen liessen die Lieder: Hertzlich lieb hab ich dich O Herr etc. Meinem Jesum laß ich nicht etc. Jesu meine Freude etc. Denn es wären in der Kirchen so viel / welche Gottloß lebten / und solche Lieder doch mit sungen / welches doch Lügen wären. Das Vater Unser betheten wir auch nicht recht / weil man vielmehr bethen solte: Mein Vater der du bist im Himmel / das tägliche Brod gieb mir heute / führ mich nicht in Versuchung etc. Hierüber hab ich mit ihm bis in die Nacht um 1. Uhr conferirt / und ihm gezieget (1.) daß der Prophet Elias schon in Johanne dem Täuffer gekommen wäre / und wir keinen andern Messiam zu hoffen hätten / als unsern Jesum / der schon in der Fülle der Zeit gekommen wäre / und dieser Jesus würde dermahleins wieder kommen zu richten die Lebendigen und die Todten; welches er zwar nicht leugnete / doch sich wol so heilig hielt / als der Prophet Elias / denn er getrauete [p. 305] sich / daß er alle die Zeichen und Winder und den Glauben thun könte / als der Prophet Elias. Wie ich solches vernichtete / so wolte er doch heilig und ohne Sünde seyn. Hierauf setzte ich ihm entgegen die Exempel der heiligen Propheten und Apostel / welche sich vor Gott jederzeit als Sünder erkannt hätten / als den Propheten Daniel / welcher sagt: Du Herr allein bist gerecht / wir aber müssen uns schämen / denn wir liegen für dir / nicht auf unsere Gerechtigkeit / sondern auf deine grosse Gnad und Barmhertzigkeit. Dan. I. Item den Propheten Esaism / der da spricht: Wir sind alle wie die Unreinen / und unsere Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes Kleid. Esa. 64. So sagte auch Christus zu seinen Aposteln: Wenn ihr alles gethan habt / was euch befohlen ist / so sprecht: Wir sind unnütze Knechte / wir haben gethan / was wir zu thun schuldig waren. Luc. 17. Deßwegen auch Petrus / der aus dem grossen Fisch-Fang der Gnade Jesu Christi wol versichert war / dennoch zu den Füssen des Herrn Jesu nieder fiel und sprach: Herr gehe von mir hinaus / ich bin ein sündiger Mensch. Luc. 5. Ja auch Johannes saget: So wir sagen / wir haben keine Sünde / so verführen wir uns selbst / und die Warheit ist nicht in uns. jx. I. Joh. 1. Also sprach ich zu ihm / er wäre nicht allein ein Lügner / sondern auch ein Sünder wegen solcher Lügen und grosser Einbildung daß er ein grosser Heiliger / und gleich dem Propheten Elia wäre / Christus allein wär ohne Sünde / und der uns durch sein Verdienst gerecht und seelig mache: Denn aus Gnaden seyd ihr seelig worden durch den Glauben / und dasselbe nicht aus euch / Gottes Gabe ist es / nicht aus den Wercken / auf daß sich nicht jemand rühme. Ephes. 2. Und darum hätte er ja wol Ursache seine Sünde zuerkennen / und Gott um Gnade zu bitten / daß er möge seelig werden. Ja er solte um deßwillen fleißig Gottes Wort in der Christlichen Versammlung hören / auf das er recht möchte unterrichtet werden. Er meinte aber wol daß er in dem Worte Gottes gnug unterrichtet wäre / und bedörffte solches nicht mehr / weil Gott sein Lehrer wäre. Allein ich überwiese ihn / daß er noch schlecht die Schrifft verstünde / weil er vermeinte / er hätte keine Sünde / und wäre ohne Tadel / welches doch offenbar falsch / in dem er den Artickel von der Rechtfertigung nicht recht verstünde / wie ichs ihm erwiesen [p. 306] hätte / und darum wären seine Erklärungen nicht unmittelbahre Eingebungen Gottes / sonder eigensinnige Einbildungen / die mit dem Worte Gottes / nicht überein kämen / ja sie hätten Grund in den Versuchungen des Satans / welche er mit den Träumen und Erscheinungen müste fahren lassen / wolte er anders recht gläuben und seelig werden. Ja sprach er / ich wolte wol in die Kirche gehen / aber da geschehen mit den Gesängen viel Lügen / denn alle singen: Meinen Jesum laß ich nicht / und sie singen es doch nicht von Hertzen / weil sie ihren Jesum mehr als zu viel verlassen. Sie singen: Jesu meine Freude / und ihre beste Freude ist das Sauffen / Tantzen / Döbbeln / Huren / Stehlen und anderes weltliches Wesen / sie singen: Hertzlich lieb hab ich dich O Herr; und lieben nichts weniger also Gott. Hierauff antwortete ich: daß nicht alle nach Gewohnheit so singen / sondern es wären auch viel Christliche Hertzen / die Gott und Jesum von Hertzen lieben / und es auch in der That erweisen / die Gott am besten kennet. Elias meinete auch zu seiner Zeit / daß ausser ihm kein rechtgläubiger in Israel wäre / aber Gott sprach: Ich will lassen überbleiben 7000. in Israel / nemlich alle Knie / die sich nicht gebeuget haben für Baal / und allen Mund / der ihn nicht geküsset hat. I. Reg. 19. Also / sprach ich / ist euer Urtheil sehr schwach und vorwitzig | in dem ihr von solchen Dingen judicirt, die ihr nicht versteht / denn der Mensch siehet was vor Augen ist / Gott aber siehet das Hertz an. Gott der Herr kennet die Seinen / und also habt ihr den Gebrauch der Christlichen Gesänge nicht zu tadeln / sondern vielmehr euer Hertz zu prüfen: Ob ihr solche Lieder von Hertzen singen könnet; andere Hertzen aber lasset unerforscht und und [sic] unbekümmert. Als er letzlich von Gebet des Herrn anfing zu tadeln / antwortete ich ihm / daß er lang noch nicht der Mann wäre / der das Gebet Christi reformiren wolte. Denn Christus hätte es uns befohlen / nicht zu bethen: Mein Vater / mein täglich Brod etc. sondern Vater Unser / gib uns heute etc. damit Christus hat lehren wollen / daß wir nicht allein vor uns / sondern auch vor unsere Neben-Christen in gebührender Liebe behten solten / wenn aber ein Christ nebst den ordentlichen Worten im wahren Glauben auch in Andacht gedächte: Ach mein Gott / gieb mir auch [p. 307] mein täglich Brod / führ mich auch nicht in Versuchung etc. so wäre das die Application des Glaubens / und könnte keinem gewehret werden: aber deßwegen muß er die Form des Gebeths nicht ändern / weil Christus gebohten hat / nicht vor uns allein / sondern auch vor andere zu bethen. Als er nun keine Ausflucht wuste / bahte er / daß ich auch vor ihn bitten möchte / damit er mehr möchte erleuchtet werden / und wolte sich also auch zum rechten Gottes-Dienst finden. Auf den Morgen aber / als ich ihn bey dem Früstück erinnerte / ob er auch Wort halten / und sich zur Christlichen Gemeine finden würde / item: ob er das vor wahr hielte / was ich ihm gestern gesagt hätte / da wolte er alles wiederruffen. Ich aber gab dem Phantasten hiemit seinen Abschied / mit den Beding / daß er sich nicht in meiner Gemeine solte finden lassen; aber dem ungeachtet / hielte er sich doch unter den Mennonisten auf / und machte sich unter denselben groß und heilig / bis er endlich auch von ihnen bestraffet und abgeschaffet wurde.

            §. 18. Anno 1715. Dom. 23. post. Trin. hat ein anderes Quäcker seine Träume und Erscheinungen auf 2. Bogen / unter der Predigt in mein Hauß eingereichet; als man ihm aber sagte / daß er nur ein wenig warten solte / bis ich aus der Kirche käme / hat er nicht warten wollen / sondern gesprochen: Wir werden wol sonsten zusammen kommen / ist aber hernach nicht in mein Hauß gekommen. Sein Ansehen ist gewesen wie ein grosser Knecht im blauen Futterhembt / und klaget anfangs in seiner Schrifft über seine Armuth und Noth / und erkennet auch daß er ein grosser Sünder sey: ja daß er von dem Bräutigam seiner Seelen verlassen sey / er suche ihn / und könne ihn nicht finden / doch tröstet er sich / daß sein Liebster nur hinter der Wand stehe / und wie eine Mutter ihrem Kinde zusehe / was es mache. Denn Jesus hätte sich mit ihm schon in der Kindheit als ein Bräutigam vereiniget / und hätte ihn sehr geprüffet / zumahlen als Geist und Fleisch miteinander in ihm gestritten / daher die Zweiflung gesprochen: Du bist verdammt; der Glaube aber habe gesprochen: Nicht also. Welches auch unverhofft bekräfftiget hätte ein Knecht des grossen Herren / dessen Gestalt weiß und roth / dessen Füsse wie Meßing / und seine Augen wie Feuer-Flammen / [p. 308] der hätte zu ihm gesprochen / wasche dich / und reinige den Hauß / denn es wird ein König bey dir einkehren der sich mit dir in Ewigkeit verloben wird / von dem du auch in der Kindheit einen Ring empfangen hast / der wird dich an seiner Königlichen Taffel speisen / so du ihm zur Hand gehen wirst. Solche grosse Ehre hätte er auch erhalten / aber da wären viel Feinde gewesen / die es hätten wehren wollen / doch hätte es seinen Fortgang bekommen / daß er mit seinem Bräutigam wäre verehliget worden / und der hätte ihm einen Trunck gegeben / der wäre süß auch sauer gewesen / bitter und auch Zucker darunter / aber davor hätte er Ihm Leib und Seele müssen zum Pfande lassen. Wie dieses geschehen / sey er gleichsam aus dem dritten Himmel herunter gelassen worden / wohin er erstlich wäre entzücket gewesen / da wäre ihm zwar gewesen als einem Kinde / welches von der Mutter entwehnet ist / aber ein Engel hätte ihm getröstet und gesprochen: Er solte sich grossen und kleinen offenbahren / denen Schiff-Leuten / die in dem Schiffe fahren welches keinen Boden hat / und solte ihnen zeigen das rechte Schiff / darinnen sie treten solten. Aber ihr Schiff-Herr / (sprach er) fing an zu brüllen durch seiner Zeugen Mund / wie ein Löwe der alle Mauren der Stadt zubrechen will / die doch aus dem Grund gut und wol gebauet sind; diese Schiff-Leute aber wissen gar viel zu reden von ihret Fahre und guten Waare / allein aber wenn man es recht besiehet / so haben sie kein Schiff / sondern schwimmen bloß auf dem Wasser / und ihre Rühmens Waar ist gleich dem Unflath[?] / und wer sich damit besudelt hat immer Verdruß etc. Hierauf erzehlet er / was er vor grosse Gefahr auf seiner Schiffarth gantzer drey Jahr erlitten / wie er im Verhafft mit seinem Schifflein ans Ufer gekommen wäre / und da hätte ein Engel gestanden / der ihm die Hand gereichet / und aus seinem Schiflein ans Ufer gezogen hätte / wäre mit ihm umherspatziret und ihm alles ausgedeutet / was er bißher auf Gottes Befehl verrichtet / und zu ihm gesprochen: Er solte die Worte versieglen / es würde sich alles ins künfftige woll ausweisen. Hierauf hätte ihm der Engel befohlen / daß er sein Netz flicken und einen Zug thun solte / als er aber beklaget / daß er noch keinen Fisch gefangen / der tauglich zu essen wäre / da hätte der Engel gedrauet / [p. 309] drauet / daß die Fische die sich nicht wolten fangen lassen / solten im Winckel ersticken. Worüber sich dieser eingebildete Heiliger entsetzet / und sich doch dabey getröstet / daß wenn gleich alle Wasser vergingen / dennoch der recht Brunn bleiben solle. Und da ihm der Engel befohlen / daß er die Wächters aufmuntern und aufwecken solte / wolte er solches auch thun / und nicht allein wecken / sondern auch selbst aufstehen / und seine Arbeit im Nahmen Gottes anfangen. Seine Arbeit ist vermahnen und straffen / und deßwegen fängt er von einer Weissagung an / da er spricht: Wunderlich und sehr ängstlich sind die Weissagungen alle anzuschauen / die von den letzten Zeiten reden / ihr meine liebe Freunde / insonderheit die deutliche Epistel Pauli / da er spricht: daß solt du aber wissen / daß in den letzten Zeiten / greuliche Zeiten seyn werden / und wie die Worte ferner lauten. Als ich zu erst davon höret / und auch selbst beschauete / wurde mir sehr Angst und bange / denn ich sahe umb mich so viel reiffende Wölffe / dabey gedachte ich in meinem Sinn: Ach du lieber Gott / solten denn noch mehr falsche Propheten aufstehen / so müssen wir zu Grunde gehen. Darauf hörete ich einen Engel auf der hohen Schule Posaunen / und sagen: diß sind die letzten Zeiten / und die Erfüllung derselben Weissagung; keinem aber drung es so sehr ins Hertz als mir / und wuste nicht was es bedeuten solt. etc. Nach diesem klaget er / daß die Leute der Eitelkeit so sehr ergeben sind / und daß sie Leib und Seel daran setzten / daß sie auf Büberey studirten / und sich auf das viele teuflische disputiren begeben / die Einfältigen wären nur gesinnt / wie sie Gott von Hertzen lieben und ehren solten / und wünschten von Hertzen / Gott wolle sie entweder bekehren / oder gar aufreiben etc. Er redet weiter von den Zeichen und Wundern die sich schon nach der Prophezeyung Christi hervorthäten / und die Menschen wolten doch nicht Busse thun / darum würde alles zu Grunde gehen / es sey schon ein Daniel auf der Bahn / der die gantze Warheit genau offenbahren würde / er höre auch Lutheri Stimm erschallen: Es würde noch ein geistlicher Kasten Noä erbauet seyn / welcher abgemessen sey nach dem Creutze Jesu Christi / die Länge die Breite und die Höhe / dazu sey die Thür schon aufgethan / daß ein jeder in sein Gemach gehen [p. 310] kan / wer Oehl mit bringen würde / der würde auch mit gefalbot [sic] werden / wer Honig mit sich bringen würde zur Speise / der solle die Süßigkeit allezeit empfinden / und wer Gifft mit sich bringen würde / von dem würde der Todt nicht entfernet seyn. Darumb solte jeder seine Lampen schmücken und nicht schlaffen / daß der Bräutigam bey ihm seinen Einzug halten könte etc. Hierauff rühmet der eingebildete Phantast seine Sätze / und spricht: Was wundert ihr euch meine Lieben Freunde / verwundert ihr euch darüber daß mein Schiflein so gut befrachtet ist mit allerley schönen Waaren / der selbige Herr / der mirs gefüllet hat / kan euch ja nicht unbekannt seyn etc. Wenn es nöthig wäre / spricht er weiter / so wolt ich euch die gantze Schöpffung Gottes / Himmel und Erde / Engel und Menschen durch eitel Gleichnüsse fürschreiben / allein aber / so ihr glauben wollet / daß dies eine grosse Gabe des H. Geistes sey / so könnt ihrs jetzt wol glauben. Hiebey giebt er zuverstehen / daß er dieser grossen Gaben wegen / nicht mehr dörffte in die Kirche gehen / von den ordentlichen Lehrern / das Wort Gottes zulernen / sondern weil ihm Gott als seinem Knecht solche Gaben verliehen / so müste ers mit Nutzen anwenden / und darum spricht er: Wenn ein solcher Haus-Herr wäre / der keinem nichts wolte zukommen lassen / was wären denn die Knechte nütze: Oder / wenn Kinder zur Schule wollen gehen / und schon so viel wiessen als sie da lehren sollen / was wäre es ihnen denn von nöhten? Oder wenn ein Knecht sich bey einem Herrn vermiehtet / soll er denn faulentzen? Und so ihm der Herr etwas anvertrauet / soll ers in den Winckel stecken? etc. Alle die vor mir gekommen sind / das sind hungerfreßige Thiere gewesen etc. Hierauf redet er seine Verfolger an / und die ihn nicht annehmen wollen / und dreuet ihnen Gottes Straffe / und saget sie solten Busse thun / so würden auch ihre Feinde zu schanden werden / und also spricht er weiter: Zeichen und Wunder forder nicht Israel / denn das Uhrwerck hat schon bis Zwölffe geschlagen: Murre auch nicht Israel / daß die Unfruchtbare / fruchtbahr sey / und ihre Säuglinge jetzt saugen / sondern freue dich mit ihnen / und jauchtze für dem Herrm Zebaoth / denn ich will Ehre einlegen / durch meine Haupt-Leute und geistliche Soldaten / es wird aber ohne Blutvergiessen nicht abgehen. [p. 311] Endlich schlüsset er mit Bedreuung der Feinde / wie sie würden verwirret und verderbet werden / nachdem des Menschen Sohn seinen Lauff vollendet hat. Und alsdenn / spricht er / wird der andere Ertz-Engel posaunen / und sagen: Es ist Friede! es ist Friede! Israel / und werden alle mit dem Posaunen-Klanck den Feinden das Gehör verwirren / vernichten und gantz aufreiben. Das helf uns nun Gott Vater / Sohn / und H. Geist Amen! Sela.

            §. 22. Aus diesem allen / welches doch kurtz gefasset ist / erscheinet / daß der eingebildete Phantast / nicht anders will angesehen seyn / als ein grosser Prophet; deßwegen er erzehlet / wie er von Sünden wäre gereiniget worden / wie Christus sich mit seiner Seelen vereiniget / was vor sonderbare grosse Gaben des H. Geistes ihm Christus gegeben / und ihn zu seinen Knecht und Mundbohten angenommen hätte / wie er zwar arm und in grosser Noth sey / aber der Engel Gottes hätte doch mit ihm offt als mit einem Propheten geredet / deßwegen vermahnet er auch die Welt-Menschen / daß sie Busse thun und sich bekehren solten. In die Kirche hätte er nicht mehr nöhtig zugehen / denn er hätte alles vollkommen gelernet; das Disputiren stünde ihm auch nicht an / denn es wäre teuflisch etc. So erzehlet er auch / daß er wäre entzücket gewesen / und daß er nach Art der Propheten alles in Gleichnüssen vorbringen könte / weßwegen er groß Wunderns drüber macht. Er beschlüsset auch offt in der Mitte und zuletzt seine Rede mit dem Wort Sela. Welches / ob es bey ihm ein Schwur / oder eine sonderliche Prophetische Bekräfftigung sey / stehet dahin. Wir können aber hieraus sehen / wie das Phantastische Wesen schon zu dieser Zeit beginnet ein zureissen / wie der Satan das ordentliche Predigt-Amt schmählere / wie er die Leute von der rechten Warheit des Glaubens wolle abführen / wie er sie vom Kirchengehen abhalte / und wie er die Heilige Schrifft unterdrucken / und das vermeinte Gespräch mit den Engeln / und also die unmittelbahre Dinge einführen wolle. Gott wende alles zum besten / und steure den Irrgeistern / daß sie treue Schäflein Christi nicht verführen mögen; denn es sind schon die letzten Zeiten / da die Phantasten ausruffen: His ist Christus / da ist Christus! daß verführet sollen werden / wo es möglich wäre / auch die Außerwehlten. Gott verhüte es!